Streit der Woche: Ab in die Märchenwelt!

Europas Könige haben schon bessere Zeiten gesehen: Juan Carlos von Spanien bittet sein Volk um Verzeihung und die schwedischen Anti-Monarchisten haben Zulauf wie noch nie.

Monarchentochter Victoria in bester Verfassung 2010. Verfassungswidrig sei Schwedens Monarchie, sagt eine Kritikerin. Bild: dapd

Ende nächster Woche ist es soweit. Dann soll in Schweden die drei Monate alte Prinzessin Estelle getauft werden. Ob es jemals eine Königin Estelle geben wird, ob die Schweden dann noch eine Monarchin als Staatsoberhaupt akzeptieren werden, das ist noch unklar.

Die Unterstützung für das Königshaus „geht in Schweden den Bach runter“, schreibt Helena Tolvhed im Streit der Woche in der aktuellen sonntaz. Die 37-Jährige ist Vorstandsmitglied der anti-monarchistischen „Republikanischen Vereinigung Schwedens“ und sieht in der Monarchie einen Verstoß gegen die schwedische Verfassung.

„Der erste Artikel der Verfassung legt fest, dass alle Macht vom Volk ausgeht.“ Dass „das Staatsoberhaupt – der höchste offizielle Repräsentant des Staates – durch das Erbprinzip bestimmt wird“, sei damit nicht vereinbar. „Könige und Königinnen, Prinzen und Prinzessinnen gehören in die Märchenwelt“, schreibt Tolvhed.

„Brauchen wir noch eine Monarchie?“

Einem Märchen scheint auch die Elefantenjagd des spanischen Königs Juan Carlos I. entsprungen zu sein: Während sein Land mit der Finanzkrise rang, machte er im vergangenen Monat in Begleitung einer jungen Dame Jagd auf Elefanten – in Botswana. Der König, der Ehrenpräsident des Umweltverbands WWF in Spanien ist, erntete so viel Kritik dafür, dass er sich offiziell bei seinem Volk entschuldigen musste.

„Brauchen wir noch eine Monarchie? Das ist die Frage, die sich die Spanier zum ersten Mal offen stellen“, schreibt Walter Haubrich, langjähriger Korrespondent der FAZ in Spanien, in seinem Beitrag für die sonntaz.

Er weist aber darauf hin, dass die Spanier ihren König zwar kritisierten und die meisten auch keine Monarchisten seien. Trotzdem wüssten sie aber, dass sie ihren König einmal gebraucht haben. „Das war 1981“, schreibt Haubrich, „als Juan Carlos die putschenden rechtsextremen Militärs, die den Abgeordnetenkongress überfallen hatten und die Abgeordneten gefangen hielten, in die Kasernen zurückschickte.“ Aus Dankbarkeit würden viele Spanier die Monarchie heute noch akzeptieren.

Der Krise des spanischen Königshauses widmet sich auch Claus Heinrich Bill, Leiter des kommerziellen „Instituts Deutsche Adelsforschung“. Der sonntaz sagte er: „Monarchen haben eine besondere Verantwortung. Als WWF-Ehrenpräsident auf Elefanten Jagd zu machen, spricht nicht von einem sensiblen Umgang mit herrschenden moralischen Auffassungen.“

Bill hebt hervor, dass Königshäuser vor allem einem dienen: der Identifikation. Eine Repräsentationsfigur hätten Staaten schon immer gebraucht. Bis heute habe sich daran nichts geändert.

Deutschland verzichtet auf Glamour

Und in Deutschland? Die Bundesrepublik stehe in Kontrast zum Glamour der europäischen Höfe, meint Eckart Conze, Professor für Neuere Geschichte an der Universität Marburg. Die Berliner Republik sei farblos. „Und das ist gut so“, schreibt Conze. Die Zurückhaltung gehöre zur Geschichte der BRD. Woran hätte Deutschland nach dem Krieg auch anknüpfen sollen? „Weder der auftrumpfende Wilhelminismus vor 1914 noch der Führerkult des Dritten Reichs boten anknüpfungsfähige Traditionslinien.“

Heute pflegten „die junkerlichen Bösewichte von einst “, wie Conze es ausdrückt, eine Nischenexistenz. Politisch ernst nehmen müsse man sie aber nicht mehr.

Die sonntaz-Frage „Kann man Könige noch ernst nehmen“ diskutieren außerdem der Adelsexperte Rolf Seelmann-Eggebert, taz.de-Leserin Margarete Augustin-Grill, der Künstler Wolfram Kastner sowie der Autor, Regisseur und überzeugte Monarchist Georg Lohmeier – in der sonntaz vom 19. Mai 2012.

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