BER-Debakel wird teuer: Millionen machen den Abflug

Am Mittwoch berät der Aufsichtsrat des Berliner Großflughafens BER über einen neuen Eröffnungstermin und Konsequenzen. Die Verschiebung wird teuer.

Steht eine schwere Sitzung bevor: BER-Planer Manfred Körtgen Bild: dapd

BERLIN taz | Wie Filmtitel klingen manche Äußerungen vor der Sitzung des Flughafen-Aufsichtsrat am heutigen Mittwoch. Vom „Tag der Entscheidung“ ist die Rede – weil am Ende des Tage ein neuer Eröffnungstermin stehen soll. Oder auch vom „Tag der Abrechnung“ – weil angeblich einer der Flughafenchefs gehen soll.

Das wäre nicht verwunderlich: Die Fehlplanungen der Verantwortlichen werden für die öffentliche Hand teuer. Experten sehen die Kosten, die den Airlines durch die Verschiebung entstehen, jeweils im zweistelligen Millionenbereich.

Vor einer Woche war bekannt geworden, dass der Großflughafen Schönefeld, der unter dem Kürzel BER firmiert, nicht wie geplant am 3. Juni eröffnet. Als Grund nannte die Flughafengeschäftsführung Probleme mit dem vollautomatischen Brandschutz. Inzwischen ist klar, dass auch andere Teilbereiche nicht pünktlich fertig gewesen wären. Der Brandenburger Landesrechnungshof hatte bereits im vergangenen November auf Lücken beim Controlling des Flughafens hingewiesen.

Wenn heute am Vormittag erst der Projektausschuss des Aufsichtsrats und am Nachmittag das komplette Aufsichtsgremium tagt, sollen die Flughafenchefs Tacheles reden. „Wir erwarten eine präzise Erklärung darüber, was genau schief gelaufen ist“, sagte Senatssprecher Richard Meng am Dienstag. Aus Senatskreisen heißt es, ein neuer Eröffnungstermin werde es nur geben, wenn der Bericht zufriedenstellend sei.

Die Mehrkosten dürften vor allem an den Steuerzahlern hängen bleiben. Der Flughafen Berlin Brandenburg gehört jeweils zu 37 Prozent den Ländern Berlin und Brandenburg sowie zu 26 Prozent dem Bund. Betreiber des Airports ist die Berliner Flughafengesellschaft, die durch den Aufsichtsrat kontrolliert wird. Nach dem Aktiengesetz sind nun Schadenersatzforderungen an die Geschäftsführung sowie an den Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft möglich, sagt Hans-Peter Schwintowski, Professor für Wirtschafts- und Handelsrecht an der Humboldt-Universität Berlin.

„Ein niedriger dreistelliger Millionenbetrag“

Wie teuer der neue Flughafen in Schönefeld für den Steuerzahler nun tatsächlich wird? 2,5 Milliarden Euro waren bisher für den Bau des Großflughafens veranschlagt. Wie hoch die Schadenersatzforderungen der Fluglinien werden, ist noch unklar. Dass diese kommen, haben die Hauptkunden am neuen Flughafen, Air Berlin und Lufthansa, bereits bestätigt. „Wir werden die Kosten nicht übernehmen“, erklärte Hartmut Mehdorn, Vorstandsvorsitzender von Air Berlin am Dienstag. Auch die Lufthansa will sich Kosten erstatten lassen, wollte deren Höhe bisher jedoch nicht angeben.

Jochen Rothenbacher, Luftfahrtexperte bei der Equinet-Bank, schätzt, dass allein der Lufthansa zusätzliche Kosten von 10 bis 20 Millionen Euro für eine halbjährige Verschiebung des Eröffnungstermins entstehen. „Air Berlin könnte aber stärker betroffen sein, da der Konzern abhängiger von Berlin ist als die Lufthansa“, so Rothenbacher zur taz.

Fast parallel zu den Flughafengremien tagt am Mittwoch auch der Verkehrsausschuss des Abgeordnetenhauses, der sich ebenfalls mit dem Flughafen beschäftigen will. Vertreter der Fraktionen mochten sich am Dienstag nicht festlegen, was an Schadenersatzforderungen am Berliner Landeshaushalt hängen bleiben wird. „Alles, was man dazu sagen könnte, ist fast wie gewürfelt“, sagte der Haushaltspolitiker Christian Goiny (CDU) der taz. Am weitesten ging Heiko Herberg von der Piratenfraktion: „Wenn ich jetzt wild raten soll, dann sage ich: ein niedriger dreistelliger Millionenbetrag.“

Heiko Herberg geht davon aus, dass sich die Folgen im derzeit diskutierten Haushaltsplan für 2012 und 2013, den das Abgeordnetenhaus am 14. Juni beschließen soll, noch nicht wieder findet. Das glaubt auch CDUler Goiny: „Wir werden jetzt nicht in voraus eilendem Gehorsam da etwas reinstellen, solange wir noch nicht Klarheit haben.“ Die Piraten fordern nun gemeinsam mit Grünen und Linkspartei eine Offenlegung der Protokolle der Aufsichtsratssitzungen.

Mittlerweile ist absehbar, dass sich der Eröffnungstermin deutlich nach hinten verschiebt. Hatten die Länderchefs Klaus Wowereit und Matthias Platzeck (beide SPD) vergangene Woche noch auf August 2012 verwiesen, wird jetzt bereits daran gezweifelt, dass eine Eröffnung noch in diesem Jahr möglich ist. Eines ist sicher: Vor Oktober wird es nichts, denn die Airlines wollen in jedem Fall den Wechsel zum Winterflugplan abwarten.

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