Urteil des Bundesgerichtshofs: Steuer darf Sportsoldaten trainieren

Trotz seiner Stasi-Vergangenheit darf Eiskunstlauftrainer Ingo Steuer auch Sportsoldaten trainieren. Der Bundesgerichtshof gab Steuers Klage gegen den Bund statt.

Ingo Steuer (M.) trainiert Aljona Savchenko und Robin Szolkowy. Bild: dpa

Die Bundeswehr muss akzeptieren, dass Eiskunstlauftrainer Ingo Steuer Sportsoldaten trainiert. Das hat am Dienstag der Bundesgerichtshof in Karlsruhe in letzter Instanz entschieden. Das Urteil ist unanfechtbar.

Der Bundesgerichtshof begründete sein Urteil mit Steuers Berufsfreiheit als freiberuflicher Trainer. Die Bundeswehr habe ein Monopol darauf, Eiskunstläufer zu fördern. Es bestätigt damit ein Urteil des Oberlandesgerichtes Brandenburg aus dem Vorjahr.

Steuer hatte für die Stasi der DDR gespitzelt. Seit das im Vorfeld der Olympischen Spiele 2004 bekannt wurde, drehten Bundesinnenministerium und Bundesverteidigungsministerium Steuer den Geldhahn ab. Er darf weder öffentliche Gelder dafür bekommen, dass er Sportler aus dem Bundeskader trainiert noch darf er Sportsoldaten trainieren, die ihn aus ihrem Sold bezahlen könnten.

Steuer trainiert die dreimaligen Paarlauf-Weltmeister Aljona Savchenko und Robin Szolkowy. Die bezahlen ihn aus ihren Einnahmen aus Shows und Preisgeldern bei internationalen Wettkämpfen und verzichten damit selbst auf einen Teil ihres Einkommens. Andere deutsche Eiskunstläufer sind nicht annähernd so erfolgreich wie die Vorzeigssportler und verfügen damit auch nicht über alternative Einnahmequellen. Eiskunstlauf ist eine Randsportart, Sponsoren gibt es kaum. Somit kann Steuer, der unbestritten zu den weltweit erfolgreichsten Eiskunstlauftrainern gehört, keine anderen deutschen Sportler trainieren.

Aktuell hat er noch Schüler aus Frankreich und der Schweiz. Nach Steuers Angaben hätten mehrere deutsche Sportler Interesse bekundet, bei ihm zu trainieren, könnten es sich aber nicht leisten. Namen nennt Steuer nicht. Seine Anwältin Karla Vogt-Röller sagt: „Ingo Steuer hat Angebote, in anderen Staaten als Trainer zu arbeiten. Aber er möchte für Deutschland Weltmeister und Olympiasieger trainieren. Und wir freuen uns, dass das nach dem Richterspruch aus Karlsruhe bald Wirklichkeit werden kann.“ Steuer selbst wäre, so seine Anwältin, nicht im Gerichtssaal gewesen, „weil er arbeiten muss“.

Stasitäter und Straftäter

Vogt-Röller wäre eine politische Lösung des Konfliktes lieber gewesen als eine juristische. „Aber danach sieht es nicht aus“, sagt sie der taz. „Ich akzeptiere nicht, dass es für Stasitäter, die durch Entzug von öffentlichen Mitteln bereits bestraft wurden, keine Verjährungsfrist gibt wie für Straftäter.“ Sie verweist auf den Fall von Steuers Oberstdorfer Trainerkollegen Karel Fajfr.

Er wurde 1995 vom Landgericht Stuttgart der Misshandlung und des sexuellen Missbrauchs von Eislaufschülern schuldig gesprochen. Nach Verbüßung der zweijährigen Bewährungsstrafe, einer Geldstrafe und eines dreijährigen Berufsverbotes als Trainer steht er wieder hinter der Bande. Aktuell trainiert er die deutschen Paarläufer Maylin Hausch und Daniel Wende, die Sportsoldaten sind. Vogt-Röller: „Da hat die Bundeswehr keine Bedenken, das zu akzeptieren. Steuer wird eine zweite Chance verwehrt, weil seine Stasispitzelei juristisch keine Straftat war.“

Ob Deutschlands erfolgreichster Eiskunstläufer Robin Szolkowy nach dem Urteil wieder von der Bundeswehr eingestellt wird, ist unklar. Erst im März hatte das Verwaltungsgericht Chemnitz seinen Anspruch auf Wiedereinstellung abgelehnt. Wegen der Stasitätigkeit des Trainers.

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