Wohnungen: Mieter stehen unter Druck

600 Wohnungen will die GSW in Lichtenberg modernisieren. Eine bezirkliche "Umstrukturierungssatzung" soll soziale Härten abfedern. Für viele kommt sie zu spät.

„Die Vorstellungen der GSW von Modernisierung sind für die Menschen hier nicht bezahlbar“, sagt Dagmar Müller, wohnungspolitische Sprecherin der Linken in Lichtenberg. „Mich bedroht das in meiner Existenz“, sagt GSW-Mieter Rolf Lüchers. Auch andere MieterInnen fürchten, bald ihre Wohnungen im Weitlingkiez verlassen zu müssen.

Zurzeit liegen die Mieten in den betroffenen Wohnblöcken an der Margareten-, Meta-, Irenen- und Friedastraße im Schnitt bei 4,20 Euro pro Quadratmeter. Nicht luxussanieren, nur auf einen „zeitgemäßen Stand“ bringen will die GSW die teilweise noch mit Ofenheizung ausgestatteten Wohnungen. Anschließend soll die Miete laut Angaben der GSW im März zwischen 5 und 6 Euro pro Quadratmeter liegen – eine Steigerung um 20 bis 40 Prozent.

Ob es dabei bleibt, ist unklar: In mindestens einem Fall wurde bereits Anfang des Jahres eine Sanierungsankündigung verschickt, die eine Erhöhung der Miete auf 7,65 Euro pro Quadratmeter vorsieht – eine Erhöhung von satten 80 Prozent. Bezirksbürgermeister Andreas Geisel (SPD) bestätigt das. Dabei hatte die GSW gegenüber Bezirkspolitikern geringere Zahlen genannt. Ende April wurden dann nach Informationen der Lichtenberger SPD in der Meta- und Friedastraße Modernisierungsankündigungen verschickt, die – nach Installation eines Balkons – eine Mieterhöhung um insgesamt 4,48 Euro pro Quadratmeter vorsahen. Ein Plus von glatten 130 Prozent.

Von diesen Zahlen alarmiert, wandten sich betroffene MieterInnen im Februar an die Bezirkspolitik. Und schon Mitte März beschloss die Lichtenberger Bezirksverordnetenversammlung (BVV) eine „Umstrukturierungssatzung“ zur sozialverträglichen Modernisierung der GSW-Häuser. Inhalt der Satzung: Auch nach der Modernisierung sollen die Werte des Mietspiegels als „maximale Obergrenze“ eingehalten werden. Weitere Punkte: Die Miete soll für EmpfängerInnen von Sozialleistungen nicht die Werte der Wohnkostenrichtlinie übersteigen. Für EmpfängerInnen von Wohngeld und „soziale Härtefälle“ sollen „Lösungen“ erarbeitet werden, die ihre Verdrängung verhindern. Und alle AltmieterInnen, so die BVV, sollen nach Abschluss der Sanierung in ihre Wohnungen zurückkehren können.

Nah an der Mietkappung

„Damit sind wir schon ziemlich nah daran, eine Mietkappung für Bestandsmieter durchzusetzen – und in einer besseren Position als manch andere in Berlin“, zeigt sich Mieter-Sprecher Mario Kraus zuversichtlich. Vor Kurzem ist die Umstrukturierungssatzung in Kraft getreten. Sie schützt die MieterInnen in 400 weiteren Wohnungen, die die GSW bis 2013 in Lichtenberg modernisieren will. Das Problem bei den aktuell betroffenen Wohnungen: Es wurden bereits Baugenehmigungen erteilt. Seit zwei Monaten versuchen Bezirkspolitiker deswegen „nachzuverhandeln“. Die GSW dagegen will Tatsachen schaffen.

Man führe „konstruktive Gespräche“ mit dem Bezirksamt, sagte ein GSW-Sprecher im März der taz. Trotzdem wurden nach SPD-Informationen kurz darauf in der Friedastraße wieder „flächendeckend“ Modernisierungsankündigungen mit deutlichen Mietsteigerungen verschickt. Im April schickte die GSW den betroffenen MieterInnen Briefe, in denen sie diese nochmals ausdrücklich – und rot unterstrichen – aufforderte, individuellen Modernisierungsvereinbarungen zuzustimmen. In den Briefen werden auch „Unstimmigkeiten“ bedauert: Das Bezirksamt hatte zuvor in einem Schreiben unter Verweis auf die Umstrukturierungssatzung den MieterInnen abgeraten, individuelle Vereinbarungen zu unterschreiben.

Seit Anfang Mai werden zudem durch einen von der GSW beauftragten Modernisierungsberater Einladungen zu individuellen „Mietergesprächen“ in deren Wohnungen verschickt. Derzeit beginnen die ersten Modernisierungsarbeiten.

„Skandalös“ sei, wie das Unternehmen seine Mieter unter Druck setze, findet Erik Gührs, Fraktionschef der Lichtenberger SPD: „Die GSW versucht weiter Tatsachen zu schaffen.“ Auch Mieter-Sprecher Kraus glaubt: „Die GSW testet jetzt aus, wie weit sie in Zukunft gehen kann.“

An diesem Montag gingen die Gespräche zwischen GSW und dem Bezirksamt Lichtenberg weiter. „Sehr geringe Mieterhöhung und trotzdem eine neue Badewanne, das geht nicht zusammen“, findet GSW-Projektleiterin Inger Giwer. Das „direkte Gespräch mit den Mietern“ und der Abschluss individueller Modernisierungsvereinbarungen sind ihr lieber als Verhandlungen mit dem Bezirk. Die in den Modernisierungsankündigungen genannten neuen Mieten seien nur das „gesetzliche Maximum“ und würden vermutlich nicht immer erreicht, versucht sie zu beruhigen.

Eins ist der Politik ohnehin klar: Die Umstrukturierungssatzung hat nur aufschiebende Wirkung: „Wir können damit nur die vorhandenen Mieter schützen“, gibt Bürgermeister Geisel zu. NeumieterInnen müssen nach der Sanierung eine Mietsteigerung von mindestens 80 Prozent gegenüber dem jetzigen Mietniveau in Kauf nehmen. Laut GSW-Sprecher Thomas Rücker will die GSW bei Neuvermietungen „Marktmieten“ von 7,50 Euro pro Quadratmeter verlangen.

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