Gefälschter Blog: „Herzlichst, Ihr JGauck“

Bundespräsident Joachim Gauck mischt sich in den Streit über Gazale Salames Abschiebung ein – auf diese Ente fiel eine große Nachrichtenagentur herein.

Gefälscht: So könnte Joachim Gaucks Blog aussehen, wenn er denn einen hätte. Bild: Screenshot joachimgauck.com

HAMBURG taz | „Bundespräsident Joachim Gauck schaltet sich in Fall Salame ein“, vermeldete am Montag die Nachrichtenagentur dapd. „Um meinem Ruf als Geistlichen und Bürgerrechtler gerecht zu werden, wird dieses christliche Thema aufgegriffen“, schreibt der angebliche Gauck im „Präsidialamtsblog“. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen verwies auf seiner Seite auf die Petition „Vereint Familie Siala – Appell an Bundeskanzlerin Angela Merkel“ und die angebliche Reaktion Gaucks darauf und auch die Online-Ausgabe des Hamburger Abendblatts griff die Meldung auf.

Es geht um folgenden Fall: Vor sieben Jahren wurde die damals schwangere Gazale Salame mit ihrer einjährigen Tochter in die Türkei abgeschoben. Ihr Mann Ahmed Siala blieb mit den beiden älteren Töchtern im Landkreis Hildesheim zurück. Der Streit über die Rechtmäßigkeit der Abschiebung von Salame beschäftigte bereits mehrere Gerichte und nun kommt vermeintlich Unterstützung von Gauck: „Versprechen kann ich nichts, um der geltenden Gesetze wegen. Herzlichst, Ihr JGauck.“

Doch das Bundespräsidialamt dementiert. Gauck betreibe keinen Blog und er habe sich auch nie zu diesem Thema geäußert, heißt es aus seiner Pressestelle. Bei der dapd heißt es, man sei der journalistischen Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen und habe die Authentizität des Blogs nicht ausreichend geprüft – wenig später wurde die Meldung zurückgerufen.

Im Alter von sechs und sieben Jahren kamen Gazale Salame und Ahmed Siala mit ihren Familien aus dem Libanon nach Deutschland.

Die Behörden warfen ihnen vor, ihre Eltern hätten bei der Einreise eine angeblich bestehende türkische Staatsangehörigkeit verschwiegen und zu Unrecht das Bleiberecht bekommen.

Salame wurde 2005 schwanger und mit ihrer Tochter in die Türkei abgeschoben. Ihr Mann blieb mit den beiden älteren Kinder hier.

Gegen die Abschiebung haben immer wieder zahlreiche Organisationen protestiert.

„Da sind wir wohl reingefallen, das ist etwas peinlich“, sagt Kai Weber vom Flüchtlingsrat Niedersachen. „Die Seite war schon etwas dilettantisch gemacht, aber ich habe unserem Bundespräsidenten das zugetraut.“

An den Blog hatte sich der Verfasser der Petition „Vereint Familie Siala – Appell an Bundeskanzlerin Angela Merkel“, Thomas Vogler aus München, gewandt. „Ich konnte keinen Hinweis darauf finden, dass der Blog ein Fake ist“, sagt Vogler. Er habe sogar eine Antwort-Mail bekommen, in der es hieß, das Schreiben liege dem Bundespräsidialamt zur Bearbeitung vor. Und Joachim Gauck habe seine Petition auch unterschrieben – der Fake-Gauck.

Seit etwa zwei Wochen ist der Blog im Netz und unterscheidet sich schon in der unaufgeräumten Optik deutlich von der offiziellen Seite des Bundespräsidenten. Es wimmelt von Rechtschreibfehlern und der angebliche Präsident gibt hier Antworten wie „Eine gemeinsame Tasse Tee birgt mehr als nur heißes Wasser und Teein“ auf die Frage, ob die Salafisten die Muslime in Deutschland spalten würden. Ein Impressum fehlt völlig.

Wer hinter der Spaß-Seite steckt, konnte bisher nicht geklärt werden. Die Betreiber der Seite haben auf eine Anfrage der taz nicht reagiert.

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