Piratenpartei im Inhaltecheck: Der Wille zur Vielfalt

In der Migrationspolitik geben sich die Piraten fortschrittlich. Doch die angestrebte gesellschaftliche Vielfalt findet sich noch nicht in der Partei.

Eine Seltenheit in den Parteigremien, Piratin mit Migrationshintergrund: Marina Weisband. Bild: reuters

BERLIN taz | Auf die Frage, wie Deutschland mit seinen Einwanderern umgehen sollte, gibt das Parteiprogramm der Piraten fortschrittliche Antworten: Ein erleichterter Ehegattennachzug, eine großzügige Bleiberechtsregelung, sofortige Arbeitserlaubnis für Flüchtlinge statt jahrelanger Arbeitsverbote, die Abschaffung der Drittstaatenregelungen für Asylsuchende und die Gleichstellung bei den Sozialleistungen – all diese Forderungen haben die Piraten im Bund von ihrem Berliner Landesverband übernommen.

Männlich, in der gleichen Alterskohorte – zwischen Ende zwanzig und Anfang vierzig – und ohne Migrationshintergrund muss man aber offenbar sein, um es in der Partei zu etwas zu bringen. Nach dem Rücktritt der bisherigen Geschäftsführerin Marina Weisband, die in Kiew geboren wurde und in vielerlei Hinsicht eine Ausnahmestellung genoss, ist das Bild, das der neu gewählte Parteivorstand bietet, wieder eine Spur uniformer geworden.

Anders als bei den etablierten Parteien muss man Migranten hier noch immer mit der Lupe suchen. Das Ideal der gesellschaftlichen Vielfalt, welche die Piraten so gerne im Mund führen, spiegelt sich in den Parteistrukturen nicht so recht wider.

Die Piraten - nur eine Ein-Themen-Partei? Die taz überprüft dieses Vorurteil und betrachtet die inhaltlichen Vorstellungen der Piratenpartei jenseits der Netzpolitik. Diesmal: Migrationspolitik.

Einer aktuellen Umfrage zufolge liegen die Piraten derzeit bundesweit bei 11 Prozent – und damit nun wieder hinter den Grünen.

Die „AG Ausländerpolitik“ ist auch nur eine von vielen Arbeitsgruppen der Bundespartei – und sicher nicht die wichtigste. Entsprechend zugeknöpft gibt sie sich: „Für die Piraten“ will dort niemand sprechen. Denn: „90 Prozent der Piraten haben keine Ahnung von Migrationspolitik“, gibt der Berliner Piraten-Abgeordnete Fabio Reinhardt freimütig zu.

Für die Studentin Miriam Seyffahrt vom Berliner „Squad Integration“, einer Arbeitsgruppe der Partei, ergibt sich eine offene Haltung gegenüber Migranten aber schon aus dem Weltbild der Piraten: „Unsere Grundwerte sind Partizipation und Teilhabe“, sagt sie. Daraus folge zwangsläufig, auch MigrantInnen Teilhaberechte zuzugestehen.

Die Querelen um problematische Nazi-Vergleiche, welche die Piraten vor ihrem Parteitag in Neumünster in Atem hielten, hält sie deshalb keineswegs für repräsentativ für die Partei. „Leider haben wir aber auch sehr viel Missverständnisse und Unwissenheit – auch darüber, wann Rassismus anfängt.“ In Sachen Migrationspolitik gibt es vielmehr große Überschneidungen mit Linken und Grünen. „Das geht nicht so weit auseinander“, sagt Miriam Seyffahrt. „Aber wir müssen auf keine möglichen Koalitionspartner Rücksicht nehmen.“

An einigen Stellen gehen die Piraten deshalb weiter als andere: Während die Grünen Flüchtlingen nur „schneller“ einen Zugang zum Arbeitsmarkt verschaffen wollen, fordern die Piraten – wie die Linkspartei – ein sofortiges Arbeitsrecht. Bei Flüchtlingsorganisationen stoßen sie damit auf viel Wohlwollen. „Ihr klares Bekenntnis zum Flüchtlingsschutz ist wirklich erfreulich“, lobt Marei Pelzer von Pro Asyl. Doch erst die Zeit werde zeigen, ob es sich auch bewähre.

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