Sicherheit: Alles unter Kontrolle

Die Kriminalstatistik für 2011 zeigt eine Zunahme von Straftaten. Innensenator Frank Henkel hält Berlin dennoch für eine sichere Stadt. Früher klang das ganz anders.

Fühlt sich sicher in Berlin: Frank Henkel. Bild: dapd

Immer im Frühjahr zieht die Polizei Bilanz. Am Montag präsentierte Vizepräsidentin Margarete Koppers, die die Behörde kommissarisch leitet, dem Innenausschuss die Kriminalitätsstatistik 2011. Die Botschaft, die sie anhand ausgewählter Delikte verkündete, fiel nicht allzu froh aus: Im Vergleich zu 2010 hat die Kriminalität um 4,1 Prozent zugenommen, die Aufklärungsquote ist um 2,3 Prozent gesunken. Sie liegt nun bei 46,1 Prozent.

Kein Grund zum Jubel, möchte man meinen. Wobei Innensenator Frank Henkel (CDU) erst seit ein paar Monaten im Amt ist und somit für diese Zahlen gar nicht verantwortlich zeichnet. Aber Henkel, der als innenpolitischer Sprecher der CDU noch den Wadenbeißer von Rot-Rot machte, ist nicht wiederzuerkennen, seit er in der Regierung ist. „Berlin ist im europäischen Vergleich eine der sichersten Metropolen“, pries er die Lage.

Vor ein paar Jahren, als Henkels Vorgänger Ehrhart Körting (SPD) die Kriminalitätsstatistik von 2005 vorgestellte – es waren die niedrigsten Zahlen seit 13 Jahren –, klang Henkel noch ganz anders: „Wer glaubt, diese Stadt sei sicherer geworden, leidet unter Realitätsverlust, oder er will die Menschen verarschen.“

Die Opposition von Grünen, Linken und Piraten zeigte sich am Montag erbaut von den neuen, moderaten Tönen. „Schön, dass auch Sie festgestellt haben, dass Berlin eine der sichersten Städte in Europa ist“, konstatierte Linken-Fraktionschef Udo Wolf. Aber die Freundlichkeit hatte ihre Grenzen. Als die von Rot-Schwarz geplante längere Speicherung der Videoaufnahmen von U-Bahnhöfen zur Abstimmung stand, waren die Fronten wieder klar. Schon im rot-roten Senat hatte die SPD durchgesetzt, die von den Überwachungskameras aufgezeichneten Filme nicht mehr 24, sondern 48 Stunden lang zu speichern. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit hatte nach mehreren brutalen Angriffen in U-Bahnhöfen darauf gedrungen – gegen den Willen seines Innensenators Körting und des Datenschutzbeauftragten. Körting war der Meinung, eine 24-stündige Speicherung genüge für alle Fälle von schwerer Kriminalität. Der Datenschutzbeauftragte hatte rechtliche Bedenken.

Der Antrag der SPD, die Speicherungfrist auf 48 Stunden zu verlängern, wurde am Montag von den Abgeordneten von CDU und SPD mehrheitlich angenommen. Es handelt sich um eine Beschlussempfehlung an das Abgeordnetenhaus. Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Benedikt Lux, sprach von einem „Grundrechtseingriff ohne Sicherheitsgewinn“. Christopher Lauer von den Piraten verwies darauf, dass es auch jetzt schon auf den U-Bahnhöfen einen Notrufknopf gebe. Nach dessen Betätigung verlängere sich die Speicherungsdauer automatisch auf 30 Stunden. Einig war sich die Opposition darin, dass den Bürgern mit der Verlängerung der Speicherungsfristen eine Sicherheit vorgegaukelt werde, die es de facto nicht gebe. Die einzige Möglichkeit, die Bahnhöfe sicherer zu machen, sei der Einsatz von zusätzlichem Personal.

Die CDU war in den Koalitionsverhandlungen mit dem Vorhaben gescheitert, ein Gesetz zum Verbot des Alkoholkonsums im öffentlichen Nahverkehr zu erlassen. Henkel sagte vor dem Ausschuss, man werde die BVG stärker in die Pflicht nehmen, die eigene Hausordnung durchzusetzen. Nach den Beförderungsrichtlinien ist Alkoholkonsum verboten. Alles eine Frage der Kontrolle, so Henkel. Die Polizei leiste die erforderliche Unterstützung. Der Fahrgast sei Kunde und habe ein Anrecht darauf, sicher transportiert zu werden. „Das Thema Gewalt im öffentlichen Raum liegt mir besonders am Herzen“, so der Innensenator. Da blitzte der alte Henkel durch.

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