Verdacht der Bestechlichkeit: Die Geschäfte des Landrats

Seniorenheime, persönliche Verwicklungen und eine Menge Geld: Gegen den Oldenburger Landrat Frank Eger wird wegen des Verdachts der Bestechlichkeit ermittelt.

Sieht die Sache gelassen: der Oldenburger Landrat Frank Eger (SPD). Bild: dapd

OLDENBURG taz | Gegen den Landrat des Landkreises Oldenburg, den SPD-Politiker Frank Eger, ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Bestechlichkeit. Über 125.000 Euro soll der Oldenburger Unternehmer Dieter Einsiedel an Egers Noch-Ehefrau Katrin gezahlt haben – für Beratungsleistungen, die, so die Vermutung der Staatsanwaltschaft, nicht erfolgt sind. Vor Ostern hatten Ermittler 14 Büros und Wohnungen durchsucht und „umfangreiches Material sichergestellt“, sagt Oberstaatsanwalt Alexander Retemeyer.

Wohl ein halbes Jahr werden die Ermittlungen in Anspruch nehmen – politisch bringt Eger das Thema bereits jetzt in Bedrängnis. Die Kreis-CDU legt dem Landrat nahe, bis zur Aufklärung der Vorwürfe sein Amt ruhen zu lassen, und fordert die Offenlegung des geschäftlichen Beziehungsgeflechts zwischen ihm, seiner Noch-Ehefrau und Einsiedel.

Dessen Firma Einsiedel & Partner hat sich auf die Konzeptionierung und den Bau von Seniorenwohnanlagen spezialisiert und war allein im Landkreis Oldenburg an fünf Einrichtungen beteiligt. Eger, der seit 2001 Landrat ist, war bis zum vergangenen Jahr auch Vorsitzender des Bezirksverbands Oldenburg (BVO), der unter anderem Altenheime betreibt – was die Zahlungen Einsiedels an die Firma von Egers Ehefrau in einem verdächtigen Licht erscheinen lässt, zumal Eger an der Firma noch Anteile halten soll.

33 Fragen von der CDU

Von einer „geschäftlichen Dreiecksbeziehung“ spricht der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Kreistag des Landkreises Oldenburg, Herwig Wöbse: „Das hätte ihm eigentlich bewusst sein müssen, dass diese Konstellation fragwürdig ist.“ Das Verhalten Egers nennt Wöbse „unangemessen“, die CDU hat Eger in der vergangenen Woche einen Katalog mit 33 Fragen zukommen lassen. Kein Problem, sagt Eger: „Wenn die Politik Fragen hat, werde ich sie gerne beantworten.“ Was genau ihm vorgeworfen wird, wisse auch er im Übrigen nur aus der Zeitung.

Die Namen Eger und Einsiedel tauchen häufiger im Zusammenhang mit Seniorenheimen auf. Bei den Untersuchungen geht es unter anderem um eine vom BVO betriebene Einrichtung im Örtchen Hundsmühlen. Das dazugehörige Gebäude wurde von Einsiedel errichtet, verwaltet wird die Immobilie von vom BVO und Einsiedel gemeinsam. Im friesischen Jever hatten der Verband und das Unternehmen schon einmal kooperiert: Sie erwarben zu 52 und 48 Prozent das Gebäude, in dem sich der Sophienstift des BVO sowie eine Einrichtung für betreutes Wohnen der Firma Einsiedel befindet. Eigentumsverhältnisse und Betrieb seien „streng voneinander getrennt“, sagt BVO-Geschäftsführer Frank Diekhoff.

Vertrauliche Niederschrift

Es gibt allerdings Hinweise auf weitere Verknüpfungen zwischen Eger und Einsiedel. Die in Syke erscheinende Kreiszeitung zitierte aus der vertraulichen Niederschrift des Verwaltungsausschusses der Gemeinde Großenkneten, nach der das Gremium 2010 den Verkauf eines Grundstücks an Einsiedel trotz des höheren Angebots eines Mitbewerbers beschlossen habe. Zuvor sollen sich demnach sowohl Eger als auch Einsiedel für einen Betrieb des darauf zu bauenden Altenheims durch den BVO stark gemacht haben.

Der Großenknetener Bürgermeister Volker Bernasko bestätigt dies, betont aber, dass es kaum ungewöhnlich sei, dass sich Eger als BVO-Vorsitzender für seinen Verband eingesetzt habe. Nur wusste der Verband nichts von dem Projekt. „Das war bei uns in den Gremien nie Thema“, sagt BVO-Geschäftsführer Diekhoff. Er habe aus der Zeitung erfahren, dass der BVO das Heim betreiben soll. Dazu wird es allerdings nicht kommen – nach einem Grundsatzbeschluss vom Juni 2010 hat sich der BVO aus dem Betrieb klassischer Altersheime zurückgezogen.

Der Bezirksverband hat zu den Vorwürfen gegen seinen Ex-Vorsitzenden keine Stellungnahme abgegeben, gegen die Institution selbst wird nicht ermittelt. Egers Partei hält sich bedeckt, man werde die Ergebnisse der Untersuchung abwarten, sagte der SPD-Kreisvorsitzende Axel Brammer.

Die Firma Einsiedel & Partner verweist auf Nachfrage auf eine ältere Pressemitteilung, in der es heißt: „Die im Rahmen von laufenden Geschäftsbeziehungen geleisteten Zahlungen an die von Katrin Eger vertretene MBP Vermögensverwaltungs GmbH resultieren aus bestehenden vertraglichen Vereinbarungen, denen Leistungsbeziehungen aus einer gemeinsamen Pflegeheimbeteiligung zugrunde liegen.“

Das Haus am See

Gegenüber dem NDR hatte sich Einsiedel konkreter geäußert: Es habe sich um ein „gemeinsames Altenheim-Projekt in Lemwerder“ gehandelt. Das liegt im Landkreis Wesermarsch. Das dort 2005 eröffnete „Haus am See“ wird von der Arbeiterwohlfahrt Oldenburg-Vechta betrieben, die das Gebäude von einer Gesellschaft anmietet. Deren Geschäftsführer heißt Dieter Einsiedel. Der Chef des Awo-Bezirks Oldenburg-Vechta war seinerzeit Frank Eger.

Der sieht es gelassen: „Die Awo suchte einen Investor, also wurde ein Vertrag mit Einsiedel geschlossen“, ein „ganz normaler Vorgang“. Im Übrigen gehe es nur um dieses eine Objekt, man dürfe „da nichts durcheinander bringen“.

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