ZDF macht Jugendarbeit: Ein Sender, der Helden braucht

Bis 2014 will der neue ZDF-Intendant Thomas Bellut das Durchschnittsalter der Zuschauer von 61 auf 60 Jahre senken. Dafür braucht er auch neue Gesichter.

Dürfen wir bitten? Junge Gesichter als Hoffnungsträger fürs ZDF. Joko Winterscheidt (links) und Klaas Heufer-Umlauf. Bild: reuters

„Bestandsaufnahme“ ist das aktuelle Lieblingswort von Thomas Bellut. Seit gut einem Monat ist der frühere Programmdirektor ZDF-Intendant und noch in der Eingewöhnungsphase.

Zu den zahlreichen Gesprächen, die er derzeit im Haus und außerhalb zu führen hat, gehörte am Donnerstagabend auch ein Treffen mit Medienjournalisten in Berlin. Festlegen lassen wollte Bellut sich dabei auf recht wenig, große Teile des Abends waren nicht zitierfähig.

Das dominierende Thema beim Begrüßungsdrink war natürlich die Absetzung von „Gottschalk Live“. Dem früheren „Wetten, dass ..?“-Moderator weint Bellut keine Träne nach. Markus Lanz, der vom 6. Oktober an durch die Sendung führt, sei für ihn „die ideale Lösung“, sagt der 57-Jährige. Lanz werde „allein moderieren, aber starke Gäste haben“.

„Weiterhin internationale Topstars“

An den Feinheiten wird gerade gebastelt. Allzu viel wird sich wohl nicht ändern: „Wir wollen auch weiterhin internationale Topstars haben und die möchten auch weiterhin zu uns.“ Das Signal ist klar: Überschätzt mal den Gottschalk-Faktor nicht. Bei den Quotenerwartungen gibt sich Bellut ungleich bescheidener: „Wenn es Markus Lanz gelänge, dauerhaft mehr als 8 Millionen Zuschauer zu erreichen, wäre das ein großer Erfolg.“ Gottschalks letzte „Wetten, dass ..?“-Show im Dezember sahen 14,73 Millionen Zuschauer – eine andere Liga.

Auch die Kandidaten vieler Journalistenherzen für die „Wetten, dass ..?“-Moderation sollen bald ihre Chance im Zweiten bekommen – womöglich auf dem zum Jahresende frei werdenden Sendeplatz von „Lanz kocht“ am späten Freitagabend. „Wenn das Konzept stimmt“, formuliert Bellut etwas zögerlich, „bekommen Joko und Klaas auch im Hauptprogramm ihre Chance.“

Es folgen Komplimente, die beim auch von ProSieben umworbenen „neoParadise“-Duo sicher gut ankommen: „Ich halte sie für die größten Unterhaltungstalente ihrer Generation. Sie sind Helden der Internetgeneration.“

Neue Experimente wagen

Die ZDF-Zuschauer sind bekanntlich doppelt so alt. Bis 2014 will Bellut das Durchschnittsalter von 61 auf 60 senken. Dafür braucht er neue Sendergesichter – und als Probebühne die drei Digitalkanäle ZDFneo, ZDFinfo und ZDFkultur, deren Existenzberechtigung die Medienpolitik derzeit anzweifelt. „Wir brauchen im Hauptprogramm ein Mindestmaß an Erfolg, Experimente wird es aber nicht nur in den Digitalkanälen geben“, verspricht Bellut.

Dass er „in der Fiction weiter Experimente wie KDD wagen“ will, stimmt zuversichtlich. Die Polizeiserie war ein Kritikerliebling – aber leider auch nur das. „Im Serienbereich brauchen wir mehr Innovation, nicht bei den Krimis, aber die Familienserie etwa möchte ich gern wiederbeleben“, sagt Bellut und spricht eine Einladung an interessierte Drehbuchautoren aus. Denn bislang mangele es an „neuen, erfolgsversprechenden Konzepten“.

Angesichts schwindender Marktanteile und Diskussionen über die Notwendigkeit des öffentlich-rechtlichen Apparats weiß Bellut um die zentrale Bedeutung der Informationsangebote fürs ZDF. Mit dem „heute-Journal“ ist er hochzufrieden, die „heute“-Sendung aber könne noch besser werden, sagt er. „Den Weg in Richtung RTL, in Richtung Verflachung, werden wir aber nicht gehen.“ Auch ein Signal: Bellut äußert sich lobend über zwei „ZDFzoom“-Dokus und das Magazin „Frontal 21“.

Stellenkürzungen aber unvermeidbar

Bestandsaufnahmen schätzt nicht nur der ZDF-Intendant, sondern auch die Gebührenkommission KEF. Nach ihrem letzten Kassensturz verpflichtete sie das ZDF, bis 2016 satte 300 Vollzeitstellen abzubauen, etwa 5 Prozent der insgesamt 6.000 Beschäftigten. Bellut will das ohne betriebsbedingte Kündigungen hinkriegen.

100 Stellen etwa sollen durch ein Frühverrentungsmodell eingespart werden. „Es darf nicht nur die freien Mitarbeiter und auch nicht nur die Jungen treffen“, sagt er. „Wir brauchen deren Kreativität und Engagement.“ Und lässt dabei implizit anklingen, dass die Arbeitsbelastung im Sender ungleich verteilt ist – auch wenn die „Luxusoasen“ immer kleiner würden. Bellut ist also durchaus fähig zum offenen Wort. Warten wir die ersten internen Gespräche ab.

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