Frühjahrstagung von IWF und Weltbank: Rollentausch in Washington

Die Europäer wollen mehr Geld vom Internationalen Währungsfonds. Die Geberländer sind neuerdings die im Süden. Sie fordern im Gegenzug mehr Macht.

Weltbankmanagerin Sri Mulyani Indrawati herzt Nigerias Finanzministerin Ngozi Okonjo-Iweala. Bild: reuters

BERLIN taz | Auf der Frühjahrstagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank hat der Wind sich zu drehen begonnen. Nicht mehr die Entwicklungsländer sind als Bittsteller nach Washington gereist, sondern die Industrieländer.

Europa braucht Geld zur Lösung seiner Schuldenkrise. Und auch wenn die europäischen Länder dafür selbst 200 Milliarden Euro in den Fonds einzahlen wollen, davon 60 Milliarden Deutschland, so hoffen sie doch auch auf eine Mittelaufstockung durch die Schwellenländer.

Das ist umso dringender, als die USA ganz klar nichts geben wollen. „Europa ist fähig, seine Probleme allein zu lösen“, verkündete US-Finanzminister Timothy Geithner. Insgesamt 400 Milliarden Euro zusätzlich will der IWF einsammeln. Dann hätte er ungefähr genauso viel zur Verfügung wie der auf 800 Milliarden Euro aufgeblasene europäische Rettungsschirm.

Viel Geld ist nötig, wo jetzt auch Spanien in den Krisenstrudel gezogen wird. Richtig ist auch, dass die Ausstattung des Fonds mit dem Wachstum der globalen Finanzmärkte nicht Schritt gehalten hat. Doch die Regierungen von Brasilien, China, Indien und anderen wundern sich, warum der IWF schon jetzt mehr Geld für die reichen Europäer lockergemacht hat als zusammengenommen für die schweren Krisen in Russland, Südkorea und Mexiko in den 1990er Jahren.

Und sie ärgern sich, dass sie die Aufstockung der Fondsmittel mit tragen sollen, ohne dass ihnen im Gegenzug mehr Mitspracherechte über die Politik des Fonds eingeräumt werden. Die längst versprochene Aufstockung ihrer Stimmrechte liegt auf Eis. Der US-Kongress hat den Plan nicht ratifiziert, und Europa kann sich nicht einigen, welches Land seinen Direktoriumssitz zugunsten eines Schwellenlandes aufgeben muss. „Die Europäer wollen unsere Hilfe, aber sie kommen uns bei der IWF-Reform nicht entgegen“, sagt der brasilianische Vertreter im IWF, Paulo Nogueira Batista.

Gefühlte Erpressung

Stattdessen fühlen sich die Schwellenländer schlicht erpresst: Zahlt – oder die Schockwellen der Eurokrise machen auch eurem Wirtschaftsboom den Garaus. Dieses Szenario hatten IWF-Experten vor der Tagung schon an die Wand gemalt. „Eine starke Brandmauer zum Schutz vor Risiken aus aller Welt ist im Interesse aller an der Weltwirtschaft Beteiligten“, drückte es der Europäische Zentralbankdirektor Jörg Asmussen nur wenig diplomatischer aus.

Der indische Finanzminister Pranab Mukherjee hielt dem entgegen, sein Land habe zwar durchaus Interesse an Stabilität in der Eurozone. Aber einer Mittelaufstockung für den IWF wolle er trotzdem nur im Gegenzug für die Umsetzung der Stimmrechtsreform zustimmen.

Dass sich die Machtverhältnisse langsam zu ändern beginnen, dafür ist die gerade erfolgte Neubesetzung des Chefpostens bei der IWF-Schwesterorganisation Weltbank ein Indiz. Zum ersten Mal kam es zu einer Kampfkandidatur. Zwar blieben die nigerianische Finanzministerin Ngozi Okonjo-Iweala und der kolumbianische Ökonom José Antonio Ocampo chancenlos.

Doch trauten sich die USA, die stets Anspruch auf die Weltbankspitze erheben, nicht mehr, die Schwellenländer ganz zu ignorieren. Dass sie auf den aus Südkorea stammenden Entwicklungsexperten Jim Yong Kim setzten, war immerhin geschickt.

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