Belagerung der Deutschen Bank: Kein Profit auf Kosten anderer

24 Stunden lang haben AktivistInnen die Deutsche Bank in Bremen belagert, um gegen Landgrabbing und Spekulationen auf Nahrungsmittel zu demonstrieren.

Politisches Zelten: Protest gegen die Geschäftspolitik der Deutschen Bank. Bild: Simone Schnase

BREMEN taz | Olaf Bernau sieht geschafft aus. Die Nacht war kurz. „Bis Mitternacht waren noch gut einhundert Menschen hier“, sagt er am zweiten Tag der Belagerung der Deutschen Bank in Bremen. Bernau ist Mitglied des Netzwerkes Afrique-Europe-Interact, das seit Dienstagnachmittag gemeinsam mit Attac, Foodwatch und weiteren AktivistInnen zum „Internationalen Tag der Landlosen“ 24 Stunden lang ihre Zelte auf dem Domshof aufgeschlagen hat.

Ihre Protestaktion unter dem Schlagwort „Neokolonialen Landraub stoppen!“ richtete sich gegen Nahrungsmittelspekulationen und den Ankauf von Ackerland durch Großinvestoren in Entwicklungsländern, das so genannte Landgrabbing. Das findet neben Lateinamerika und Asien vornehmlich in Afrika statt, unter anderem in der Republik Kongo, Äthiopien, Mali oder dem Süd-Sudan.

Hier kaufen Investoren große Flächen fruchtbares Land und bauen Nahrungs- und Futtermittel für den Export oder Energiepflanzen für die Produktion von Biotreibstoff an. Viele Kleinbauern verlieren dadurch ihre Existenzgrundlage. Durch Übernutzung versiegen ihre Brunnen, Weidegründe für das Vieh sind ihnen nicht mehr zugänglich, Hunger und Landflucht sind die Folgen.

Und nicht nur mit Flucht, auch mit gewaltsamer Vertreibung geht das Landgrabbing einher. Vor elf Jahren habe das kenianische Militär 2.000 Kleinbauern mit ihren Familien vertrieben, um rund 2.500 Hektar Platz für den Kaffee-Produzenten Dallmayr zu schaffen, so ein Vorwurf der Organisation Via Campesina.

Die Firma Dallmayr bestreitet diesen Vorwurf und nimmt wie folgt dazu Stellung: "Die Alois Dallmayr Kaffee oHG besitzt keine eigenen landwirtschaftlichen Flächen, auch nicht mittelbar. Weder in Kenia noch anderswo wurde im Auftrag von Dallmayr eine angebliche Landvertreibung durchgeführt, auch nicht mittelbar."

Die AktivistInnen lasten vor allem der Deutschen Bank und ihrer Fonds-Tochter DWS an, am Landgrabbing und an Spekulationen mit Nahrungsmitteln beteiligt zu sein. Das dementierte die DWS gegenüber der taz am Montag: Sie habe sich eine Selbstverpflichtung auferlegt, keinerlei Geschäft mit Ackerland in Entwicklungsländern zu tätigen. Einen Tag später zog sie diese Aussage jedoch schon wieder zurück: Man habe sich zwar aus einigen in den Landgeschäften tätigen Unternehmen zurückgezogen, an mindestens einer Firma sei DWS allerdings weiterhin beteiligt.

Olaf Bernau hat andere Informationen: Insgesamt habe die Deutsche Bank zehn Fonds, die in das Landgrabbing investieren. Zu denen gehörten unzählige Firmen. „Und daneben ist sie mit 45 Fonds, die auf Nahrungsmittel spekulieren, weltweit die Nummer eins in diesem Sektor“, sagt Bernau.

Gemeinsam mit 25 weiteren AktivistInnen hat Bernau vor dem Eingang des Bankgebäudes gezeltet, und er hat auch mit Kunden über die Geschäfte der Deutschen Bank gesprochen. „Die meisten wussten nichts darüber und viele haben gefragt, welche Bank denn überhaupt vertrauenswürdig sei.“

Eine berechtigte Frage, denn es ist beileibe nicht nur die Deutsche Bank, die auf Nahrungsmittel spekuliert. Auch die Commerzbank, die Deka-Bank der Sparkassen oder die Hypovereinsbank beteiligen sich am Geschäft mit Ackerflächen und Lebensmitteln. Für Bankkunden ist es fast unmöglich, herauszubekommen, welches Geldinstitut „sauber“ ist und welches nicht. In den Geschäftsberichten der Banken findet sich nur der allgemeine Punkt „Investmentbanking“ – nicht aber, worin investiert und worauf spekuliert wird.

Die Bremer Attac-Gruppe schlägt eine „Krötenwanderung“ vor. Sie hat dazu eine bunte, musikalisch-szenische Aufforderung inszeniert, mit seinen „Kröten“ von der schlechten zur guten Bank zu wechseln. Vier gibt es davon: Die Ethikbank, die Umweltbank, die Triodos-Bank und die GLS-Bank. Letztere steht für „Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken“ und existiert bereits seit fast vierzig Jahren. Alle vier Banken investieren in soziale, ökologische, ethische und kulturelle Projekte.

„Der Bankkunde kann sich hier sicher sein“, sagt Attac-Mitglied Jürgen Fuchs, „dass strenge Kriterien angesetzt werden und sein Geld weder für Atom- oder Rüstungsgeschäfte noch für Spekulationen auf Nahrungsmittel eingesetzt wird“. Daneben gibt es für gläubige Kunden auch kirchliche Banken wie etwa die Steyler Bank oder die Bank für Kirche und Diakonie, die ihre Anlagepolitik ebenfalls ethischen Kriterien unterwerfen.

Alternative Banken sind für Jürgen Fuchs ein wichtiger Schritt hin zur Idee der „Gemeinwohl-Ökonomie“. Christian Felber, Gründer von Attac Österreich hat sie so definiert: „Es gibt weiter Profit, aber über den Profit werden Kriterien des Gemeinwohls gestellt.“ – Ein Leitbild also, das das Streben nach Gewinn Bedingungen unterwirft, aber keineswegs verbietet; vielleicht also auch ein Zukunftsmodell für die Deutsche Bank?

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