Wissenschaftlerin verlässt Islamkonferenz: Friedrich schlecht integriert

Zur jährlichen Sitzung der Islamkonferenz verlässt die Wissenschaftlerin Omerika das Gremium. Sie ist die „notorischen Ausfälle“ des Bundesinnenministers leid.

Innenminister Hans-Peter Friedrich. Bild: dapd

BERLIN taz | Die Islamwissenschaftlerin Armina Omerika verlässt die vom Innenministerium organisierte Islamkonferenz. Einen entsprechenden Brief wolle sie Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) in den kommenden Tagen zukommen lassen, sagte sie der taz.

„Unter Innenminister Friedrich erwarte ich keine Fortschritte mehr“, so Omerika. „Durch seine notorischen Ausfälle hat er gezeigt, wie wenig er sich eigentlich mit dem Thema auseinandersetzt.“

Omerika war eine von zehn Einzelpersonen, die an der 2010 vom damaligen Innenminister Thomas de Maizière (CDU) gestarteten zweiten Phase der Islamkonferenz teilnehmen. Dazu kommen Vertreter großer islamischer Verbände wie Ditib und VIKZ. An diesem Donnerstag trifft sich das Gremium zur jährlichen Plenarsitzung, Schwerpunkt soll dieses Mal „Geschlechtergerechtigkeit“ sein.

Omerika wird dann schon nicht mehr dabei sein. „Die Islamkonferenz war ursprünglich eine gute Idee und hat wichtige Impulse gegeben, etwa zur Einrichtung von Lehrstühlen für islamische Theologie oder auch in Richtung Versachlichung einer emotional geführten Islamdebatte“, sagte sie. „Inzwischen kommt mir das Gremium immer sinnloser vor.“

Verhältnis schon länger gestört

Omerika und Innenminister Friedrich waren schon im vergangenen Jahr aneinander geraten. Friedrich hatte zum Amtsantritt im März 2011 gesagt, dass zwar die hier lebenden Muslime dazu gehörten, aber dass „der Islam zu Deutschland gehört, ist eine Tatsache, die sich auch aus der Historie nirgends belegen lässt“.

Auf dem Plenum der Islamkonferenz vier Wochen später hatte Omerika ihn aufgefordert, den Satz zu revidieren. „Ich habe nichts zurückzunehmen“, reagierte Friedrich harsch.

Dennoch arbeitete Omerika in dem Gremium erst mal weiter. Doch hatte sie dabei immer weniger das Gefühl, „dass auf die Meinung der muslimischen Seite große Rücksicht genommen wurde“, so die 35-Jährige. Vieles, was man in der Islamkonferenz diskutiere, habe „keine sichtbaren Auswirkungen in konkreten Maßnahmen seitens der Behörden“.

Den letzten Ausschlag für den Austritt aus der Islamkonferenz habe für sie gegeben, wie das Innenministerium vor wenigen Wochen mit einer Studie zu „Lebenswelten junger Muslime in Deutschland“ umgegangen sei, aus der Friedrich Belege für eine mangelnde Integrationsbereitschaft herausgelesen hatte. „Friedrich hat die Ergebnisse verzerrt dargestellt und damit wieder einmal einen populistischen Diskurs bedient, der die muslimische Bevölkerung ausgrenzt“, findet Omerika.

Nicht das richtige Forum

Auch in der aktuellen Debatte um die Koranverteilaktion von Salafisten sieht Omerika eine inkonsistente Haltung der Regierung. „Einerseits werden die fundamentalistischen Salafisten zu Recht kritisiert“, sagt die Bochumer Wissenschaftlerin. „Gleichzeitig bezeichnet der Innenminister Saudi-Arabien, das den Salafismus weltweit unterstützt, als wichtigen strategischen Sicherheitspartner Deutschlands und rechtfertigt damit Panzerlieferungen an einen Staat, der für seine Menschenrechtsverletzungen bekannt ist.“

Die Islamkonferenz hält Omerika jedenfalls nicht mehr für das richtige Forum, um zentrale Fragen um den Islam in Deutschland zu diskutieren. Sie setzt auf die öffentliche Debatte, „in der BloggerInnen, islamische TheologInnen, ReligionspädagogInnen und andere junge muslimische Stimmen eine immer wichtigere Rolle spielen“.

Innenminister Friedrich wollte Omerikas Austritt und ihre Kritik nicht kommentieren. Eine Sprecherin verwies lediglich darauf, dass die Islamwissenschaftlerin auf eigenen Wunsch schon seit einiger Zeit nicht mehr bei den Arbeitssitzungen der Islamkonferenz dabei gewesen sei.

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