Waffenruhe in Syrien: Tote und viele Zweifel

Es ist die erste große Bewährungsprobe für die Feuerpause: Tausende gingen in Syrien auf die Straße. Mindestens elf Menschen wurden getötet, und die Zweifel am Friedensplan bleiben.

In ganz Syrien gingen wie hier in Homs die Menschen erneut auf die Straße um gegen das Assad-Regime zu protestieren. Bild: reuters

DAMASKUS/KAIRO dpa | Die vereinbarte Waffenruhe in Syrien bleibt weiter brüchig. Bei Protestkundgebungen gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad wurden am Freitag nach Angaben der Opposition mindestens drei Menschen getötet. Die befürchteten schweren Zwischenfälle blieben zunächst aus. Gleichwohl wurden aus mehreren Landesteilen, darunter der Grenze zur Türkei, vereinzelte Schießereien gemeldet. Zur Überwachung der Feuerpause wollen die Vereinten Nationen möglichst rasch Beobachter entsenden.

Landesweit gingen einen Tag nach Beginn einer Waffenruhe Tausende Syrer auf die Straßen, um gegen das Regime zu protestieren. Der Verlauf der Kundgebungen war mit Spannung als erste große Bewährungsprobe für die seit Donnerstagmorgen geltende Waffenruhe erwartet worden. Zu tödlichen Zwischenfällen kam es nach Angaben der Opposition in den Provinzen Idlib, Hasaka und Hama.

In der nördlichen Provinz Idlib sowie in Randbezirken der Hauptstadt Damaskus hätten Sicherheitskräfte mit scharfer Munition in die Demonstrationen im Anschluss an die Freitagsgebete gefeuert, berichtete die in London ansässige syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Proteste wurden auch aus der Hafenstadt Latakia, der Unruheprovinz Homs sowie der südlichen Provinz Daraa gemeldet.

In der Ortschaft Darkusch nahe der türkischen Grenze schossen Soldaten und Milizionäre nach Angaben von Aktivisten auf Demonstranten und verletzten fünf. Die türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtete von einem etwa einstündigen Schusswechsel am Morgen zwischen Rebellen und der syrischen Armee nahe dem Grenzdorf Chirbet al-Dschoos. Nach Angaben der syrischen Opposition rückte die Armee mit Panzern auf die Ortschaft vor, um Kämpfer der oppositionellen Freien Syrischen Armee zu vertreiben.

Sarkozy hat Zweifel am Friedensplan

Der Leiter der Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman, sagte am Freitagvormittag: „Insgesamt hält die Waffenruhe noch immer, in einigen Gebieten ist sie aber gebrochen worden.“ Am Donnerstag waren nach Angaben von Aktivisten in ganz Syrien trotz der Feuerpause mindestens 22 Menschen getötet worden.

Russland begrüßte die Waffenruhe. „Sie ist zwar brüchig, aber - wie Kofi Annan es selbst ausdrückte - es ist auch so ungewöhnlich für die dortige Situation“, sagte Außenminister Sergej Lawrow.

Deutliche Zweifel an einem dauerhaften Ende der Gewalt äußerte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy: „Ich glaube nicht an die Aufrichtigkeit von Baschar al-Assad. Ich glaube leider auch nicht an die Waffenruhe“, sagte er im Nachrichtensender i>Télé. Es sei unabdingbar, Beobachter in das Land zu entsenden. „Ich bin überzeugt, dass die internationale Gemeinschaft ihre Verantwortung wahrnehmen muss“, sagte Sarkozy. Über humanitäre Korridore müsse denjenigen geholfen werden, die heute von einem Diktator massakriert würden.

Die zuständigen UN-Stellen bereiten schon seit Wochen eine solche Beobachter-Mission vor. Zumindest ein Erkundungsteam soll gleich nach einem entsprechenden Beschluss des Rates starten können. Es soll nach Angaben aus UN-Kreisen aus bis zu 30 Soldaten bestehen, von denen die meisten schon bei bestehenden UN-Einsätzen im Nahen Osten im Einsatz sind. Bereits nächste Woche könnte dann auch schon die UN-Beobachtermission eingesetzt werden, hieß es in New York.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon redete dem syrischen Regime ins Gewissen: „Die ganze Welt verfolgt das sehr genau, denn viele frühere Zusagen der Regierung Syriens wurden nicht eingehalten.“ Damaskus müsse nun seine Versprechen in die Tat umsetzen.

Als Vorbereitung auf eine Flüchtlingswelle begann das UN-Hilfswerk UNHCR, humanitäre Güter in die Türkei zu liefern. Die Organisation habe 1600 Zelte und fast 14 000 Decken bereitgestellt, berichtete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu am Freitag. Sie sollen in Depots des türkischen Roten Halbmondes eingelagert werden, um auf eine zunehmende Zahl an Flüchtlingen vorbereitet zu sein. Die Türkei habe in sieben Flüchtlingslagern bisher etwa 12.000 Zelte errichtet. Türkische Behörden haben mehr als 24.000 syrische Flüchtlinge registriert.

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