Doku über Kontaktabbrüche: Donnerndes Schweigen

Wie geht es Menschen, die einfach so verlassen werden — ohne eine Erklärung? Die Doku „Abgetaucht“ versucht sich an einer Erklärung.

Vor über einem Jahr brach Rolfs Ex-Freundin plötzlich den Kontakt zu ihm ab. Bis heute sucht er nach einer Erklärung. Bild: ZDF/Torsten Lapp

„Tanja hat vor vier Jahren den Kontakt zu ihrer Mutter abgebrochen. (…) Vor einem Jahr hat Doris’ beste Freundin den Kontakt abgebrochen. 35 Jahre lang waren sie eng befreundet. (…) Rolfs Freundin hat nach 21 Monaten (…) den Kontakt abgebrochen. Ohne mit ihm darüber zu reden. Ließ ihn nicht teilhaben, als ob seine Meinung gar nicht zählte.“

Sie zählte tatsächlich nicht – noch kann hierzulande jeder Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft diese jederzeit einseitig aufkündigen. Solche Fälle sind für die Betroffenen bestimmt eine verstörende Erfahrung. Haben sie denn nicht einmal eine Erklärung verdient?

„37°“-Autorin Tina Soliman hat voriges Jahr bereits das Buch „Funkstille“ publiziert. Für 30 Fernsehminuten müssen die exemplarischen Geschichten von Tanja, Doris und Rolf genügen. Da ist Solimans Entscheidung zu begrüßen, den – vermeintlichen – Kontaktabbruchsopfern Doris und Rolf die Kontaktabbrecherin Tanja gegenüberzustellen – auch sie wähnt sich als Opfer. Und gerade ihre Sicht soll plausibel machen, was Soliman als These herauszuarbeiten sucht: „Wer wortlos bleibt, der schweigt nicht. Im Schweigen steckt eine Botschaft – bitte höre, was ich nicht sage.“

Nicht der Gegenstand oder die Interviewten sind das Problem des Films – es ist das Wortgeklingel aus dem Off. Anstatt die hinreichend eindrücklichen Auskünfte ihrer Protagonisten für sich stehen zu lassen, meint Soliman den Textmarker ansetzen zu müssen.

„Schweigen ist keine Kommunikation“, sagt Doris über das Verhalten ihrer Freundin. Soliman ergänzt: „Ihre Abwesenheit ist wie die scharf umrissene Leere auf einer Fotografie.“ Schiefe Bilder, maßlose Vergleiche: „Der konsequente Kontaktabbruch kommt einem Suizid gleich. Die Funkstille aber ist ein Suizid mit Notausgang.“

Die „37°“-Filme werden im ZDF von den Redaktionen Kirche und Leben kath./ev. mitverantwortet. Rhetorisch hätte Soliman die Kirche gleichwohl im Dorf lassen dürfen.

„Abgetaucht“, Dienstag, 3. April, 22.15 Uhr, ZDF

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