Fussball-Schönheit: Ist "er" da?

Seit bekannt wurde, dass "Bachelor" Paul Janke beim Niendorfer TSV kickt, kommen immer wieder einzelne Frauen, um ihn auf dem Spielfeld zu sehen.

Bachelor-Watching ohne Bachelor: Seit dem Start der RTL-Serie hat der Niendorfer TSV ein paar Zuschauerinnen mehr. Bild: Ulrike Schmidt

HAMBURG taz | Neben dem Frauenklo sitzt der Kassierer. Hat einen kleinen Tisch vor sich, auf dem steht die Kasse, daneben Vereinszeitungen. Eintritt: sechs Euro für Erwachsene. Vorher waren zwei Frauen da, die fragten, ob „er“ da ist. Als der Kassierer „nö“ sagte, zogen die Frauen ab.

Sonntag, 15 Uhr, die Sonne scheint, und man will was von ihr abhaben. Am Geländer am Spielfeldrand lehnen rote Krücken, drüben sitzt einer auf seinem Rollator, die Sonne zerfließt im Schweißfilm auf seiner Glatze. Links sitzen, auf einer Bank, drei Blondinen, die gehören zum SV Rugenbergen, der heute beim Niendorfer TSV spielt. Das ist die Fußball-Oberliga.

Beim Frauenklo um die Ecke stehen zwei Mädchen und halten sich bedeckt. Manfred Bobsin, der Abteilungsleiter Fußball, mit geschultem Blick für diese Situation, vermutet: „Die sind wegen ihm da.“ Das Gespräch hat er mit dem Satz begonnen: „Moin, gleich vorneweg: Er ist nicht da.“

So geht das zu beim NTSV seit Paul Janke, 30, Mittelfeld, in der Sendung „Der Bachelor“ des TV-Senders RTL vom 4. Januar bis 22. Februar 2012 die Hauptrolle spielte. „Spielte“ ist wichtig, denn echt war da nichts. In der Sendung ging es darum, dass mehrere junge, hübsche Frauen in einem angenehmen Ambiente – Kapstadt –, um die Gunst von Janke warben. Also die Männerfantasie, mit der Frau als Verführerin, vor deren Nachstellungen man sich nicht retten kann. Ein wenig weiter gedreht, denn die Frauen sind bereit, sich zu demütigen, was von den Zuschauern des Privatfernsehens, die zu den Gedemütigten gehören, gerne gesehen wird. Gerade wenn hübsche Frauen sich demütigen, macht sich Genugtuung breit. „Dass die Frauen sich so runter putzen“, bringt eine Frau auf der Geschäftsstelle des NTSV auf die Palme. Oliver Fuchs schrieb in der Süddeutschen Zeitung anlässlich der Bachelor-Erstausstrahlung im Jahr 2004, dies sei „die verkommenste TV-Sendung seit Menschengedenken“. Seitdem geht’s mit der Verkommenheit voran. Marcus Schwoy bringt den NTSV in Führung (10.), 200 der 250 Zuschauern nicken oder klatschen ein wenig. Dann und wann schiebt sich ein Flugzeug über den Himmel.

Diplom-Kaufmann Janke, in Winterhude geboren, studierte an der Leuphana Universität Lüneburg Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Marketing. Vor RTL war er bei der Firma Bacardi für die Einrichtung von Bars zuständig, nun ist er als Imageberater tätig. Er sieht ein bisschen aus wie David Beckham, wenn der in Winterhude und nicht in Leytonstone, Ost-London, geboren wäre. Im Jahr 2009 wurde Janke „Mister Hamburg 2009“, bei der Wahl zum „Mister Germany“ wurde er Vierter. Beim NTSV wird diskutiert, ob er Millionär ist, auf alle Fälle weiß Janke, dass er mit seinem Aussehen leichter Geld verdient als mit Fußball.

Janke kickte sich durch alle Jugendmannschaften des FC St. Pauli, spielte eine Saison für die Zweite der Braun-Weißen, dann bei diversen Hamburger Oberligisten, Arminia Hannover, und nun für den NTSV. Für sein Mitwirken bei „Der Bachelor“ soll er 50.000 Euro bekommen haben, die Frauen zwischen 3.000 und 5.000 Euro. Der NTSV bekommt Mails von Frauen, die bereit sind, mit Janke weit zu gehen, bis zum Äußersten. Marcus Scholz, von Beruf Journalist beim Hamburger Abendblatt, nebenher Manager der Ersten Mannschaft des NTSV, hatte phasenweise alle Hände voll zu tun, die Anrufe für Janke zu managen. Es kam und kommt Fanpost.

„Gut ist“, sagt Scholz, „dass der Hype um die Sendung vorbei war, als die Rückrunde begann.“ Es dauerte ein wenig, bis sich herumgesprochen hatte, dass der Beau bei Niendorf kickt. Mannschaft und Spiele blieben weitgehend von Frauen, die an Begegnungen mit Janke interessiert waren, verschont. „Am Anfang“, sagt Bobsin, „waren ein paar Micky Mäuschen da, das legte sich dann.“ Beim Hallenturnier musste Janke Autogramme geben. „Irgendwas muss er ja haben“, vermutet der Kassierer an der Frauentoilette. Benjamin Brameier macht das 2:0 (45.).

Das komplette Mädchenteam des NTSV hat sich mit Janke fotografieren lassen. Firmen fragen an, ob der NTSV zu einer Autogrammstunde vorbei kommt, wenn Janke dabei ist. Scholz’ Freundin hatte sich nach ihm erkundigt. Ob er spielt und wann. Und die Freundinnen seiner Freundin auch. „Verheiratete Frauen“, sagt Scholz sachlich. Na ja, vielleicht schwingt was Unsachliches mit. Aber Scholz mag Janke: „Er ist zuverlässig, ein netter Kerl und hat sich nicht verändert.“

Janke trainiert im Moment wenig, weil er bei der Oscar-Verleihung war und viele Promi-Auftritte hat. RTL baut ihn doch nicht auf, um ihn dann vom Haken zu lassen. So ist Janke zwar im Kader, aber er spielt nicht. Da ist NTSV-Trainer Frank Hüllmann konsequent. Vor zehn Tagen, im Pokal, hat er gekickt. Acht Einsätze auf dem Feld, kein Spiel in der Rückrunde. „Guter Fußballer“, sagt Scholz, der Janke seit 15 Jahren kennt, „wenn er in Form ist, ein Schlüsselspieler für uns.“

Über die Grenzen Niendorfs wurden vom NTSV außer Janke nur die Thüringer Bratwürste bekannt. Philipp Koberger macht das 3:0 (75.). Die Mädchen, die sich nahe der Toilette bedeckt gehalten hatten, haben sich verkrümelt. Janke ist nicht da, weil er auf einer Hochzeit ist. Keine Panik, es ist nicht seine. Eine Ehe zum jetzigen Zeitpunkt wäre strategisch unklug. Wahrscheinlich bleibt Janke das Dschungelcamp nicht erspart. Dann ist er es, der gedemütigt wird, so läuft das RTL-Spiel. Danach ist er beim Sender das, was man „durch“ nennt. Der Rest kann dann wieder Fußball spielen.

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