SCHNAPS UND WEINBRAND: Dein Freund und Hehler

Zwei Polizisten sind angeklagt, im großen Stil geklauten Alkohol an Verwandte und Kollegen vertickt zu haben. Sie wollen bei dem Handel nichts böses geahnt haben

Nicht jede Polizeidienststelle ist gleich gut ausgestattet. Bild: dpa

Für die einen ist es ein „Hobby“, ein „Kameradschaftsdienst“ vielleicht, so unter Kollegen – man kennt sich, schließlich ist Karsten T. schon seit 30 Jahren bei der Polizei. Für die Staatsanwaltschaft hingegen ist es „gewerbsmäßige Hehlerei“ im großen Stil, ein jahrelanges Geschäft mit hartem, geklautem Alkohol, ein illegaler Handel im Kreise der Bremer Polizei. Der Versuch, das karge Beamtengehalt „nicht nur vorrübergehend“ aufzubessern, und „nicht nur geringfügig“, wie es in der langen Anklageschrift heißt.

Bald zwei Jahre lang, von 2007 bis 2009, sollen Karsten T., 49, und sein Kollege Josef W., 52, günstig Alkohol vertickt haben, an Freunde und Verwandte, vor allem aber an andere Polizisten. Meist war es Whisky, manchmal auch Cognac oder Rum oder Likör. Den „Johnny Walker Gold Label“ etwa gab es bei ihnen für 35 Euro, den „Chivas Regal“, ebenfalls ein Scotch, ebenfalls 18 Jahre gereift, für 30 Euro. Beide können anderswo auch mal 50 Euro kosten. Lang ist die Liste dessen, was angeboten wurde, die Ware in der Regel hochwertig.

Ihre Quelle: Okan Y., damals noch Mitarbeiter eines Lübecker Großhändlers, gerade eben wegen einer anderen Sache zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Kennen gelernt haben sie sich über Ebay, wo Y. viele positive Bewertungen hatte. Auch persönlich habe der 43-Jährige einen „ordentlichen Gesamteindruck“ hinterlassen, sagt T., „nett“ sei er gewesen und seine Wohnung „sauber“. Andere Quellen werden später von einer „fadenscheinigen Person mit Milieucharakter“ sprechen. Die beiden Polizisten orderten erstmal fünf Kisten bei Y., zahlten 600 Euro, in bar. Insgesamt sechs Lieferungen nahmen sie ihm ab, einmal waren es gut 40 Kisten voller Spirituosen, für gut 3.000 Euro. Kollegen boten sie den Alkohol hernach als „Lebenswasser“ an.

Der günstige Einkaufspreis erschien ihm „plausibel“, sagt T., schließlich gebe es gerade bei Whisky „große Preisspannen“, und dann war da ja auch noch der Mitarbeiterrabatt des Herrn Y. Doch, Gedanken zur Herkunft der Ware hätten sie sich schon gemacht, aber irgendwie war die Menge viel zu groß, als dass sie hätte geklaut sein können, fand T. Kollege W. will zu dieser Frage lieber gar nichts sagen, nur zu Protokoll geben, dass er „ganz schön unter Schock“ stand, als sie ihn bei der Polizei vernommen haben, und dass sie ihn „ganz schön in die Mangel genommen“ haben. Sagt’s, und sinkt wieder auf seinem Stuhl zusammen. Wird er am Ende verurteilt, könnte seine Beamtenlaufbahn vorbei sein. Für eine Gewinnspanne, die die Anklage auf maximal 20 Euro pro Flasche beziffert. Manchmal sollen es aber auch nur zwei gewesen sein.

Rechnung oder Quittung für die Ware gab es offenbar keine, gezahlt wurde auf die Hand, geliefert aus der Privatwohnung oder einer Garage des Y. in Lübeck. Dass er Polizist ist, hat T. seinem Lieferanten nicht gesagt. Das mache er privat so gut wie nie, sagt er vor Gericht – um Fragen nach Knöllchen und Blitzern aus dem Weg zu gehen. Angeblich hätten sie „am liebsten“ ihre Dienstwaffen zu den Deals mit Herrn Y. mitgenommen – doch der ehemalige Kollege, der das als Zeuge kolportiert, kann sich so genau an das meiste nicht mehr erinnern. Oder hat es auch nur gehört. Und doch hat er den Eindruck, T. und W. „wussten, was sie da taten“. Karsten T., der Whisky-Liebhaber mit Schnauzer und, wie soll man sagen: Bierbauch, weißt das weit von sich: „Dann hätte ich ja meine besten Freunde und die Familie bewusst und gewollt angeschissen.“

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