Gigantischer Rohstoffkonzern entsteht: Die neuen "Könige der Welt"

Der geplante Zusammenschluss des größten Rohstoffhändlers Glencore mit dem Bergbaukonzern XStrata erschafft einen Riesen im globalen Handel: "Glenstrata".

Dieses ehemalige Glencore-Schmelzwerk in Bolivien wird nicht mit in den Megakonzern "Glenstrata" eingehen. Präsident Morales hat es verstaatlicht. Bild: dapd

BERLIN taz | Die größte globale Rohstoffhandelsfirma schließt sich mit einem der größten Bergbaukonzerne zu einem Rohstoffriesen neuen Typs zusammen. Glencore, weltweit größter Händler mit natürlichen Ressourcen, und XStrata, einer der führenden Produzenten von Mineralien, haben am Dienstag ihre Fusionsabsicht verkündet.

Mit einer Marktkapitalisierung von 90 Milliarden US-Dollar wird das neue Unternehmen, auf den Märkten "Glenstrata" genannt, das viertgrößte Bergbauunternehmen der Welt – und die Fusion gilt als größte ihrer Art seit über zehn Jahren.

XStrata fördert Mineralien, Glencore handelt damit. Die Kombination bedeutet Kontrolle über die gesamte Handelskette: von Minen in Südamerika, Afrika oder Australien bis zu den Abnehmern in China und den Industrienationen. "Eine aufregende Gelegenheit, ein einmaliges Geschäftsmodell zu schaffen, das mehr Wert schöpfen und die Wettbewerbslandschaft verändern kann", schreibt XStrata in seinem gestern veröffentlichten vorläufigen Geschäftsbericht 2012.

XStrata-Chef Mick Davis und Glencore-Chef Ivan Glasenberg sind in vieler Hinsicht ein ideales Paar: Beide als Weiße in Apartheid-Südafrika aufgewachsen, beide gemeinsam an der Universität Witwatersrand, beide jüdischen Glaubens, beide in der skrupellosen Welt des globalen Bergbaus groß geworden. "Könige der Welt" nennt die britische Sunday Times die beiden.

Illegale Ölgeschäfte mit dem Apartheidsregime

Ihre schillernde Herkunft hat die beiden geprägt. Der Milliardär Glasenberg begann seine Karriere als Assistent von Marc Rich, einem Ölhändler, der in den 1970er und 1980er Jahren illegale Ölgeschäfte erst mit Apartheid-Südafrika und dann mit dem nachrevolutionären Iran trieb.

Rich wurde in den USA in Abwesenheit verurteilt, floh in die Schweiz und wurde 2001 von US-Präsident Bill Clinton an dessen allerletztem Amtstag begnadigt, weil seine Frau Al Gores Wahlkampf mitfinanziert hatte. 1994 bereits hatte Rich seine Firma an Glasenberg verkauft, der sie in "Glencore" umbenannte.

2002 traf Glasenberg seinen alten Studienfreund Davis, der sich mit seinem australischen Arbeitgeber BHP Billiton verkracht hatte. Glencore hatte gerade die bankrotte Schweizer "Südelektra" gekauft, eine weitere Hinterlassenschaft von Marc Rich, und in XStrata umbenannt, noch ohne Geschäftsfeld. Davis bekam XStrata und kaufte Glasenberg für 2,5 Milliarden Dollar die Glencore-Kohleminen in Australien und Südafrika ab.

Mit dem Erlös daraus baute Glasenberg Glencore zu einem weltumspannenden Rohstoffhändler auf, während XStrata dank des asiatischen Rohstoffbooms expandierte. Beide Unternehmen sind an der Londoner Börse notiert, aber in der Schweiz angesiedelt. Glencore besitzt bislang 34 Prozent von XStrata.

"Persönlicher Größenwahn und Bereicherung"

Heute gehören Glencore einige der reichsten Kupferminen des Kongo; XStrata ist das größte Kupfer- und Zinkförderunternehmen der Welt, mit gigantischen Minen in Australien, Chile und Peru. XStrata verkauft den Großteil seiner Mineralien über Glencore, das auch im Handel mit Öl und Getreide eine wichtige Rolle spielt. Für beide Firmen ist China der wichtigste Kunde.

Glenstrata, schätzen Analysten, wird rund ein Drittel des weltweiten Kohlehandels kontrollieren und mehr als die Hälfte des Handels mit Kupfer, Zink und Nickel. Es wäre der größte Produzent von Kohle zum Export, innerhalb von vier Jahren wohl auch der größte Kupferförderer der Welt.

Manche Analysten in London sehen die geplante Fusion daher skeptisch. Von "persönlichem Größenwahn und Bereicherung" schreibt Jeremy Warner im Daily Telegraph. Das neue Unternehmen wäre das siebtgrößte der Londoner Börse. Noch größer sind im Bergbau nur Vale aus Brasilien sowie BHP Billiton und Rio Tinto, die den Eisenerzsektor kontrollieren.

Konkret wird Glencore jetzt die 66 Prozent von XStrata, die es noch nicht besitzt, für 41 Milliarden US-Dollar (rund 30 Milliarden Euro) kaufen und sich in "Glencore XStrata International" umbenennen. Die bisherigen Miteigentümer von XStrata erhalten 45 Prozent des neuen Konzerns. Glasenberg wird der Vize von Davis. Aber finanziell ist Glasenberg, dessen 15-Prozent-Anteil an Glencore zehn Milliarden Dollar wert ist, der Gewinner.

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