Kommentar Facebook-Fahndung: Ein überholtes Gesetz

Im Internet veröffentlichte Daten zu Fahndungen sind nicht mehr handhabbar.

Fast 100.000 Fans hat die niedersächsische Polizei auf ihre Facebook-Website, und täglich werden es mehr. Das liegt auch an den Fahndungen und Vermisstensuchen, die die Polizei auf ihrer Seite veröffentlicht. Der Mitmach-Aspekt des Web 2.0 hat bei der niedersächsischen Polizei nochmal einen Kick ganz eigener Qualität: Die User dürfen selber Polizist spielen und müssen dafür anders als beim TV-Mitmachformat Aktenzeichen XY noch nicht mal einen Telefonhörer in die Hand nehmen.

Dass dabei naturgemäß auch viel Müll gepostet wird, ließe sich womöglich mit entsprechend viel Personal auf Seiten der Polizei noch handhaben. Nicht mehr handhabbar aber sind die Fahndungen selbst: Phantombilder und Fotos von Verdächtigen, die einmal im Internet kursieren, bleiben bestehen - egal, ob der Server in Niedersachsen oder in den USA steht. Der Effekt ist: Einmal verdächtig, immer stigmatisiert. Die Facebook-Fahndung kann so Existenzen zerstören.

Ganz offensichtlich ist das Gesetz zur Öffentlichkeitsfahndung nicht auf die Dynamik sozialer Netzwerke abgestimmt. Wie auch: Als das Gesetz beschlossen wurde, gab es noch kein Facebook. Öffentlichkeitsfahndung hieß damals noch in erster Linie: Print und TV.

Die Möglichkeiten des Internets haben das Gesetz überholt. Es muss neu gefasst werden, um zu vermeiden, dass die Facebook-Fahndung zu einem gigantischen digitalen Pranger wird.

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Jahrgang 1973, fing als Kultur-Redakteur der taz in Bremen an und war dann Redakteur für Kultur und Gesellschaft bei der taz nord. Als Fellow im Digital Journalism Fellowship der Hamburg Media School beschäftigte er sich mit der digitalen Transformation des Journalismus und ist derzeit Online-CvD in der Norddeutschland-Redaktion der taz.

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