Debatte USA: Das Leiden der Republikaner

Die konservativen Kandidaten werden zerrissen zwischen den Ansprüchen der Tea Party und denen der Geldgeber an der Wall Street. Palin warnt ihre Partei vor Kannibalismus.

Geld und Wähler: Auf diesen beiden Ebenen läuft der US-Wahlkampf. Wobei die Geldgeber offenbar die wichtigere Zielgruppe sind. Sie signalisieren die Wünsche der wirtschaftlichen Elite. Wer beim Kandidieren kein Geld mehr hat, der scheidet aus wie der Verlierer beim Monopoly.

Das republikanische Parteivolk ist beunruhigt, denn bei den Präsidentschaftsvorwahlen werfen die Kandidaten mit Schmutz. Mitt, dem "Moderaten aus Massachusetts", könne man nicht trauen, sagt Newt. Newt selber sei nicht zuverlässig, kontert Mitt Romney. Und wie oft hat man schon gehört, dass Newt Gingrich zweimal geschieden und dreimal verheiratet ist, trotz seiner vielen Ansprachen über traditionelle Familienwerte. So schlimm wird rumgeprügelt im Wahlkampf, dass selbst die beim Austeilen nicht zimperliche Sarah Palin vor Kannibalismus in ihrer Partei warnt.

Der nach den Zwischenwahlen im November 2010 himmelhohe republikanische Optimismus ist verpufft. Damals zogen Tea-Party-Anhänger scharenweise in den Kongress ein, und Barack Obamas Tage im Weißen Haus schienen gezählt. Nun aber wachsen Zweifel an der Wählbarkeit der republikanischen Präsidentschaftsanwärter.

In Florida nach den Vorwahlen diese Woche sagten 40 Prozent derjenigen, die zur Wahl gegangen waren, sie seien "nicht zufrieden" mit der Wahl zwischen Romney, Gingrich und den dritt- und viertplazierten Rick Santorum und Ron Paul. Bei Republikanern, die überhaupt nicht wählen gingen, dürfte die Unzufriedenheitsquote noch höher liegen. Mitleid mit den Republikanern ist allerdings nicht angebracht. Sie haben sich selbst in unwegsames Territorium gesteuert.

Partei der wirtschaftlichen Elite

Die moderne Republikanische Partei ist eine Allianz mit Spannungen. Sie vertritt die - keineswegs monolithischen - Interessen der wirtschaftlichen Elite, der oberen Zehntausend oder, wie man heute sagt, des einen Prozents. Stimmung im Volke macht die Partei aber mit Lobeshymnen auf den kleinen Mann und Attacken auf die vermeintliche kulturelle und intellektuelle Elite. Diese wolle den "richtigen Amerikaner" mit dem big government Vorschriften machen. (Die richtigen Amerikaner haben in der Regel eine weiße Hautfarbe.)

So wird der Unmut der Bevölkerung verlagert. Richard Nixon hat das Ende der sechziger Jahre erstmals vorgeführt, Ronald Reagan hat es zur Kunst erhoben. Die Tea-Party-Gruppierungen im Umkreis der Republikanischen Partei haben den Volkszorn einige Jahre lang an der Wirtschaftselite vorbeigelenkt. Deutlich in Erscheinung traten die Gruppierungen erstmals in den Wochen nach Obamas Amtsantritt im Januar 2009.

Ihr Protest richtete sich gegen den neuen Präsidenten, der Steuergelder vergeude mit der - freilich teilweise schon unter George W. Bush beschlossenen - Rettungsaktion für die Wall Street und den Konjunkturmaßnahmen. Obama wurde zum Inbegriff der Elite, seine Gesundheitsreform ein Griff nach der staatlichen Macht, die Warnungen vor Klimawandel eine Attacke auf die Wirtschaft, bescheidenste Versuche der Besteuerung der ganz Reichen ein Angriff auf Amerikas Lebensweise und Michelle Obamas Bemühungen um gesündere Schulmahlzeiten eine Bevormundung der Eltern.

Tea-Party fordert, Gingrich zahlt gerne

Die laufenden Vorwahlen sind ein Stresstest der republikanischen Allianz, festgemacht an Romney und Gingrich. Die Tea-Party-Aktivisten fordern jetzt ihren Tribut, und Newt Gingrich zahlt gerne. Der frühere Sprecher des US-Repräsentantenhauses machte auf Tea Party, bevor es die Tea Party gab. Doch das sogenannte Establishment, die traditionellen Parteiführer und Geldgeber, treten jetzt auf die Bremse. Die Tea Party ist in ihren Augen nützlich, aber man weiß doch: Mehrheitsfähig sind diese Extremisten nicht.

Der frühere Präsidentschaftskandidat Bob Dole, Prototyp des Establishments, warnte, er habe Gingrich zwar noch nie kritisiert, jetzt aber müsse er etwas sagen, "bevor es zu spät ist". Präsidentschaftskandidat Gingrich schade der Partei. Da schimpft Sarah aus Alaska: Die Elite wolle einen Kandidaten krönen "ohne den Segen der Graswurzeln".

Das stimmt. Tatsächlich haben die Geldgeber ihre Macht bewiesen. Drei Kandidaten, die der Tea Party sehr nahestehen - Michele Bachmann, Tim Pawlenty und Rick Perry -, sind bereits ausgeschieden. Wegen Unvermögens (Perry hatte Schwierigkeiten, bis drei zu zählen), aber vor allem, weil ihnen das Geld ausging. Das große Geld fließt an Mitt Romney. 57 Millionen Dollar hat Romney im Jahr 2011 eingenommen, mehr als viermal so viel wie Gingrich. Solche Differenzen geben normalerweise den Ausschlag, auch wenn Gingrich jetzt einen Kampf bis zum bitteren Ende in Aussicht stellt.

Obama hat am meisten Geld

Aber, mit Blick auf die Wahl im November, so ideal ist Romney bekanntermaßen auch wieder nicht. Seine Biografie stimmt seine Geldgeber zuversichtlich. Doch der Pionier des Heuschreckenkapitalismus mit seiner Firma Bain Capital, Sohn eines Autoindustriellen und moderat konservativer Gouverneur von Massachusetts, passt nicht zum Image eines Kämpfers gegen die Elite. Außerdem ist Romneys Glaube problematisch. Er gehört zu der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, bekannt als Mormonen. Nach Ansicht vieler Christen sind Mormonen keine Christen. Konservative Christen, "die Evangelikalen", stellen ein Viertel der Wähler.

Mitt Romney will die rechten Zweifler überzeugen: Er sei der beste Kandidat, um Barack Obama zu schlagen. Ein schmutziger Hauptwahlkampf bahnt sich an. Vielleicht hassen die ganz Rechten den angeblich sozialistischen Muslim ohne Geburtsurkunde wirklich genug, um Romney in Kauf zu nehmen. Die Geldgeber gehen freilich auf Nummer sicher. Obama spricht anlässlich des Wahljahres gerne die Sprache der 99 Prozent.

Sein kürzlich ernannter Stabschef Jack Lew war aber früher bei Citigroup tätig, Lews Vorgänger Bill Daley bei JP Morgan Chase und dessen Vorgänger Rahm Emanuel bei der Investmentfirma Wasserstein & Company. Obama hat jetzt schon mehr Wahlspenden auf dem Konto, auch wenn das Geld von einem breiteren Spenderspektrum kommt.

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