Kommentar Chantal: Zu viele private Details

Solange es nicht eine akute Gefahr gibt, sollte zurückhaltend über die noch lebenden Pflegegeschwister von Chantal berichtet werden.

Die Medien haben im Fall von Chantal bisher einen guten Job gemacht und viele Missstände und Widersprüchlichkeiten aufgedeckt. Sie haben mit Menschen vor Ort gesprochen, Politik und Ermittler auf Trab gehalten. Aber die Berichterstattung muss auch Grenzen haben. Solange es nicht eine akute Gefahr gibt, auf die man aufmerksam machen möchte, sollte zurückhaltend über die noch lebenden Pflegegeschwister von Chantal berichtet werden.

Das kann man von den Journalisten in diesen Tagen offenbar nicht erwarten. Gedruckt wird, was zur großen Story passt. Eine Behörde aber sollte Zurückhaltung üben. Auch wenn der Name des Kindes nicht genannt wurde, so doch zahlreiche Details, die offenbar sehr leicht auf den Namen schließen ließen.

Das wäre nicht nötig gewesen. Es hätte gereicht, den nüchternen Fakt zu nennen, dass es Hinweise auf Kindeswohlgefährung von der Schule gab, denen keine Konsequenzen folgten.

Allerdings: Mit dem Hinweis auf Sozialdatenschutz schützen sich Verantwortliche in Jugendämtern oft nur selbst. Und wenn es passt, werden vertrauliche Dokumente unter der Hand an Journalisten weitergegeben, in der Hoffnung auf eine genehme Berichterstattung.

Der Wunsch nach Aufklärung ist allzu verständlich. Deswegen gab SPD-Fraktionschef Andreas Dressel die Parole aus: Kinderschutz geht vor Datenschutz. Aber er sollte schon für die gelten, die man schützen möchte.

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Jahrgang 1964, seit 1992 Redakteurin der taz am Standort Hamburg für Bildung und Soziales. Schwerpunkte Schulpolitik, Jugendhilfe, Familienpolitik und Alltagsthemen.

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