Kommentar zur Grünen Woche: Fressmesse auf Abwegen

Das einstige Ziel, Konsum zu fördern, hat sich überholt. Regionale, dezentrale Messen kämen den heutigen Herausforderungen besser nach.

Auf der Grünen Woche haben die Veranstalter am Sonntagmittag die 100.000. Besucherin begrüßt. Für die 26 Jahre alte Slowakin Zsofia Szogyenyi war es der zweite Besuch auf der weltgrößten Agrarmesse. "Der Besucherandrang in den Hallen ist so hoch wie in den Vorjahren", sagte Messesprecher Wolfgang Rogall. Die Gäste zeigten sich konsumfreudig und probierten und bestellten reichlich, so der Sprecher. In den Hallen am Funkturm zeigen noch bis Sonntag mehr als 1600 Aussteller aus 59 Ländern ihre Produkte aus Agrar- und Ernährungswirtschaft sowie Gartenbau. Insgesamt werden mehr als 400 000 Besucher erwartet. (dpa)

Auf der Grünen Woche ist es wie immer: Rentner gieren nach kostenlosen Käseschnitzen und Gurkenstückchen, der Geruch aus Thai-Woks mischt sich mit den Duftölen aus dem indischen Zelt, und bei den Bayern torkeln traditionell am zeitigsten die Betrunkenen um die Biertische. Der einst erzieherische Anspruch, den Berlinern den Geschmack der großen, weiten Welt zu zeigen, hat sich längst überholt. Die Messe gehört abgeschafft - jedenfalls vom inhaltlichen Aspekt her betrachtet.

Heutzutage geht es nicht mehr darum, Verbraucher neugierig auf unbekannte Speisen und Getränke zu machen. Das meiste, was auf der Grünen Woche für teures Geld verkauft wird, steht inzwischen im Regal jedes halbwegs gut sortierten Supermarkts. Kollektives Vollfressen ist aus der Mode. Und politisches Ziel kann es ohnehin nicht mehr sein, allen alles zu jeder Zeit möglich zu machen - die sich häufenden Lebensmittelskandale zeigen die Kehrseite hemmungslosen Konsums sehr deutlich.

Regionale Messen

Vielmehr wäre es angesagt, den Menschen wieder die Produkte aus ihrer Umgebung nahezubringen: Herkunft, Saisonalität, kleinere Kreisläufe sind die Schlagwörter der Zukunft. Sie müssen es sein, wenn wir uns nicht selbst das Wasser abgraben wollen. Statt einer globalen Fressmesse in Berlin könnten sich bei regionalen Schauen Erzeuger und Vermarkter aus der jeweiligen Gegend vorstellen. Wer weiß, wo ein Lebensmittel herkommt, wird ihm einen größeren Wert beimessen und eher bereit sein, dafür einen angemessenen Preis zu zahlen. Damit wäre viel erreicht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.