Zersiedelung: Mitten in der Landschaft

Immer wieder kaufen Investoren naturbestimmte Areale, in der Hoffnung, Bauland daraus machen zu können. Der Botanische Verein fordert ein Verbot per Gesetz.

Nicht an jeder Stelle in Hamburg willkommen: die Baukräne. Bild: dpa

Der Botanische Verein pocht darauf, dass in Landschaftsschutzgebieten nicht gebaut werden darf. Seine Sorge gründet sich auf zwei Fälle im Bezirk Wandsbek, wo aufgrund von Ausnahmegenehmigungen bereits eine Bebauung existiert und jetzt große Wohnungsbau-Projekte drohen. Die bestehende Vorschrift im Baugesetzbuch, die das Bauen im Außenbereich verbietet, erscheint dem Verein nicht ausreichend. Er verlangt eine Ergänzung des Hamburgischen Naturschutzgesetzes: Der Senat solle sich ein Vorkaufsrecht für Grundstücke in Landschaftsschutzgebieten schaffen.

Dass die Landschaftszersiedelung nicht auf die leichte Schulter zu nehmen ist, zeigt ein Blick in die Statistik. Senat und Bürgerschaft ist es nicht gelungen, den Flächenverbrauch auf ein nachhaltiges Maß zu reduzieren. Nach einem gewaltigen Anstieg in den Jahren 2001 bis 2007 flachte die Kurve etwas ab, um 2010 einen jähen Sprung um 1.000 Hektar zu vollziehen. Die Hafencity umfasst 150 Hektar.

Aktuell geht es um ein Grundstück am Herdenpfad im Landschaftsschutzgebiet Rahlstedt, das zur Versteigerung angeboten wird, und um den ehemaligen Ferckschen Hof am Buchenkamp im Landschaftsschutzgebiet Volksdorf. Der Hof wurde von der Ökologischen Wohnungsbaugenossenschaft Hamburg gekauft. Über das Lokalblatt Heimat-Echo hat sie die Bevölkerung dazu aufgerufen, Ideen für eine Bebauung des 50 Hektar großen Areals zu entwickeln. Auf der Fläche sei "vieles möglich", heißt es in dem Aufruf: "Mietwohnungen in Geschossbauweise, Eigentumswohnungen, Reihenhäuser, Einzelhäuser oder von jedem etwas" - alles in ökologischer Bauweise und sozial verantwortbar.

Beide Areale gelten baurechtlich als "Außenbereich". Gebaut werden dürfen hier nur land- oder forstwirtschaftliche Gebäude oder Infrastruktur wie Gasleitungen oder Kläranlagen. Bestehende Gebäude dürfen nur dann neu genutzt werden, wenn sie erhaltenswert sind und nicht wesentlich verändert werden.

Schlechte Voraussetzungen für ein Wohnungsbauvorhaben - sollte man meinen. Doch Horst Bertram vom Botanischen Verein befürchtet, dass die Genossenschaft, die in Volksdorf gekauft hat, alle Hebel in Bewegung setzen wird, um trotzdem bauen zu können. "Ein Investor kauft und macht mächtig Dampf über die ihm zugänglichen Kanäle", kritisiert Bertram. In "grünen Farben" werde die Planung als ökologisch vorgestellt.

Für das Grundstück in Rahlstedt befürchtet Bertram Ähnliches. Dort sei eine Chinchilla-Farm von einem Handel mit Plastikplanen und schließlich von Büros abgelöst worden. Wenn das Grundstück jetzt versteigert werde, steige auch hier der Verwertungsdruck. Um dem zu begegnen, brauche die Stadt ein Vorkaufsrecht.

Das Gesetz lasse Wohnungsbau auf diesen Grundstücken nicht zu, teilt das Bezirksamt mit. Ausnahmen zu genehmigen sei nicht so einfach. Im übrigen lägen für das verkaufte Areal in Volksdorf keine Pläne oder Bauanträge vor. "Im Rahmen unserer Planungsmittel ist eine Gesetzesänderung nicht zwingend erforderlich", sagt Bezirksamtsleiter Thomas Ritzenhoff (SPD).

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