Präsident senkt Benzinpreis: Sieg für die Streikbewegung

Nach einer Woche Generalstreik gegen die Erhöhung des Benzinpreises macht Präsident Jonathan einen Rückzieher. Es wird wieder subventioniert und Transporte und Waren dadurch billiger.

Die Benzinpreissenkung ist für diese Motorradtaxifahrer in Lagos überlebenswichtig. Bild: ap

BERLIN taz | Die Massenproteste in Nigeria haben Erfolg. Am Montag früh kündigte Präsident Goodluck Jonathan an, die zu Jahresbeginn abgeschaffte Subventionierung der Treibstoffpreise teilweise wieder einzuführen. Der nigerianische Gewerkschaftsdachverband NLC, der das Land eine Woche lang per Generalstreik lahmgelegt hatte, kündigte umgehend die "Suspendierung" des Ausstandes sowie aller Protestkundgebungen an.

Die ersatzlose Abschaffung der Subvention durch die Regierung hatte nicht nur die Benzinpreise, sondern auch alle daran hängenden Transport- und Warenpreise auf einen Schlag mehr als verdoppelt und damit Millionen Nigerianer in dem ohnehin sozial sehr gespaltenen Land abrupt unter das Existenzminimum rutschen lassen. Die gewählte Regierung wollte mit der Abschaffung der Subvention das mafiöse Geflecht aus reichen Importeuren treffen, die im größten Ölförderland Afrikas südlich der Sahara mit dem Verkauf künstlich verbilligten Importbenzins Milliarden verdienen.

Aber sie hatte nicht bedacht, wie sich das auf den Großteil der Bevölkerung auswirken würde. Für die verarmte Masse der 170 Millionen Nigerianer ist verbilligtes Benzin die einzige Wohltat, die sie von ihrem Staat erhalten. Die Abschaffung der Subvention hatte den Literpreis für Benzin abrupt von 65 Naira (0,30 Euro) auf über 140 Naira (0,65 Euro) steigen lassen, teils noch viel mehr. Präsident Jonathan hat jetzt einen neuen Festpreis von 97 Naira (0,45 Euro) festgelegt. Dazu soll Korruption in Nigerias Benzinsektor unter die Lupe genommen und die Instandsetzung der maroden Ölraffinerien des Landes beschleunigt werden.

Dies war das Ergebnis mehrtägiger Verhandlungen über das Wochenende. Im Laufe der Woche davor waren mehrere Dutzend Menschen im Zusammenhang mit dem Streik sowie erneuter religiöser Gewalt ums Leben gekommen. Als die Gespräche am Samstagabend gescheitert schienen und die Gewerkschaften verschärfte Proteste für diese Woche androhten, zog sich der Staatschef am Sonntag mit hohen Politikern und Militärs zu einem Krisengipfel zurück, als dessen Folge er das entscheidende Zugeständnis machte. Die Protestbewegung sei von gewissen Kräften, die "Streit, Anarchie und Unsicherheit" wollten, "als Geisel genommen" worden, erklärte Jonathan zur Begründung.

Bedeutsames Zugeständnis an bedeutsamem Tag

Jonathans Zugeständnis war nicht nur vom Inhalt her bedeutsam, sondern auch vom Zeitpunkt. Der 15. Januar ist Nigerias Kriegsgedenktag. Er markiert sowohl den Beginn der ethnischen Säuberungen zwischen Nord- und Südnigerianern, die 1967 zur Abspaltung Südostnigerias unter dem Namen "Biafra" führten, als auch das Ende des Biafra-Krieges am 15. Januar 1970 nach der Niederschlagung der Sezession.

Das ist in Nigeria heute wieder aktuell, wo Drohungen der islamistischen Sekte Boko Haram, alle Christen und Südnigerianer aus dem muslimischen Norden zu verjagen, düstere Erinnerungen wachrufen. Biafras damaliger Führer Chukwuemeka Ojukwu starb am 26. November, und seine Anhänger unter dem Igbo-Volk bereiten eine gigantische Trauerfeier am 3. Februar als politische Demonstration vor. Präsident Jonathan gehört zum Ijaw-Volk, das 1967 gegen die Sezession war, obwohl es damals im Gebiet von Biafra lebte.

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