Streit der Woche: "Der Kampf ist noch nicht gewonnen"

Sind Frauen die Siegerinnen der Revolution? Weder in Ägypten noch in Tunesien sind sich Künstler, Autoren und Intellektuelle darüber einig.

Auch bei Protesten gegen den ägyptischen Militärrat stehen Frauen in der ersten Reihe. Bild: Imago / Xinhua

BERLIN taz | Mohammed Moulessehoul, als Schriftsteller unter dem Namen Yasmina Khadra bekannt, blickt pessimistisch in die Zukunft. "Lockt nun der Arabische Frühling die mutigen Frauen in die Politik zurück?", fragt der Algerier im Streit der Woche der sonntaz. "Die Chancen sind gering oder sogar hypothetisch."

Mittlerweile lebt Moulessehoul im französischen Exil, doch er schreibt, die Erfahrung aus seiner Heimat lehrten ihn, dass der Kampf der Frau noch nicht gewonnen ist. "Schon verheißen Triumphalisten islamistischer Parteien der Frau eine physische Einkerkerung sowie eine Einschränkung der Bürgerrechte." Es sei an den Männern, die Frauen in ihren legitimen Forderungen zu unterstützen, ohne die keine heilsame Revolution Hoffnung und Fortschritt schaffen könne.

Nawal El Saadawi aus Ägypten hält Frauen für die Siegerinnen der Revolution. "Immer wenn Frauen an Demonstrationen und Revolutionen teilnehmen, gewinnen sie", schreibt die Ärztin und Menschenrechtlerin in ihrem Beitrag. Sie blickt hoffnungsvoll auf die Chancen, die sich nach dem Sturz Mubaraks ergeben: "Wir kämpfen hier nicht nur gegen das politische System. Vielmehr gestalten wir Politik neu, wir verändern die Kultur und das Wertesystem."

Zu einem ganz anderen Schluss kommt El Saadawis Landsfrau Baho Bakhsh. Für die Journalistin aus Kairo sind bisher weder Frauen noch Männer die SiegerInnen der Revolution. "Noch ist ja nicht klar, ob das Militär nicht doch die Oberhand behalten wird", schreibt Bakhsh in der sonntaz. Sie finde es bizarr, wie sehr sich westliche Journalisten auf die sexuelle Gewalt konzentrieren würden. Denn nicht wegen ihr, sondern wegen krasser sozialer Ungerechtigkeiten seien die Ägypter auf die Straße gegangen.

Während der tunesische Filmemacher Nouri Bouzid überzeugt ist, dass sich die Mentalitäten bei einem großen Teil der tunesischen Bevölkerung geändert hätten, und es davon kein Zurück mehr gäbe, fürchtet sich Fatma Jegham, die als Kunstlehrerin in einem Armenviertel von Tunis arbeitet, vor erstarkenden islamistischen Kräften.

In ihrem Beitrag erzählt Jegham, wie einer ihrer Schüler mit einem Stuhl auf sie losgegangen sei, da sie trotz Bilderverbots Kunst unterrichtete. "Vor dem 14. Januar hatten wir keine Meinungsfreiheit und nur eine Einheitspartei. Aber jetzt gibt es hier Extremisten", schreibt die 38-Jährige in der sonntaz.

Warum die beiden tunesischen Journalistinnen Sihem Bensedrine und Yousra Ouanes Frauen für die Siegerinnen der Revolution halten, lesen Sie exklusiv auf taz.de (siehe Link im Kasten links).

Im Streit der Woche in der aktuellen sonntaz erklärt außerdem Rasha Hefzi, Unternehmensberaterin aus Saudi-Arabien, warum sie eine auf Geschlechtergleichheit basierende Demokratie in ihrer Heimat für möglich hält. Ab Samstag in der Wochenendausgabe der taz - am Kiosk, eKiosk oder per Wochenendabo direkt in Ihrem Briefkasten.

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