Neue Währungspolitik in China: "Es könnte ganz schnell gehen"

China will seinen rigide kontrollierten Finanzmarkt öffnen – aber vorsichtig. Das ist gut, sagt Henning Vöpel vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut.

Neue Konkurrenz: Yuan und Dollar. Bild: reuters/Stringer

taz: Herr Vöpel, bisher konnte man mit der chinesischen Währung außerhalb Chinas nicht frei handeln. Nun können immer mehr Firmen in chinesischer Währung investieren. Ist diese zunehmende Internationalisierung des Yuan gut für das Weltwährungssystem?

Henning Vöpel: Das ist eine gute Entwicklung und wird schrittweise zu einer vollständigen Konvertibilität des Yuan führen. Peking hat bislang den Yuan stark unterbewertet, um die heimische Industrie zu entwickeln. Das hat auch geklappt. Die Kehrseite dieser Politik: Sie hat zu einem globalen Ungleichgewicht beigetragen, vor allem zwischen China und den USA. Nicht zuletzt hat diese enorme Verschuldung der USA gegenüber China zur Finanzkrise beigetragen. Eine Aufwertung des Yuan wird dieses Ungleichgewicht abbauen.

Was haben die Chinesen davon?

39, ist Ökonom am Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI). Er forscht und lehrt unter anderem zu Geld- und Währungswirtschaft sowie Sport- und Gesundheitsökonomik.

Mit ihrer bisherigen Strategie haben die Chinesen die heimischen Waren gewissermaßen zu billig ausgeführt, der Export boomt. Zugleich sind Importe aber teuer. Die Produktion in China geht aber zunehmend von einfachen und arbeitsintensiven Tätigkeiten über zu kapitalintensiven Produkten, sprich: China ist immer stärker auf Importe von Rohstoffen und Vorprodukten angewiesen. Und da würde eine Aufwertung der eigenen Währung helfen, die Importpreise zu senken und dem Inflationsdruck entgegenzutreten.

Warum hat Peking diesen Prozess nicht früher angeschoben?

Die chinesische Führung folgt einer klaren Strategie. Zunächst wollte sie die heimische Industrie aufbauen und hat sehr viele Währungsreserven angesammelt. Angesichts des steigenden Inflationsdrucks und der teueren Importe sieht sie jetzt den Zeitpunkt gekommen, den Binnenkonsum zu stärken. Wenn man so will, leitet sie mit einer kontrollierten Aufwertung ihrer Währung schrittweise eine zweite Phase innerhalb ihrer Entwicklungsstrategie ein.

Ist das ein Angriff auf den US-Dollar?

Nein, China hat sich bereits zu einer der wichtigsten Volkswirtschaften entwickelt und passt seine Währung nun entsprechend an. Die Aufwertung des Yuan bildet ökonomische Realitäten ab.

Verliert der Dollar damit aber nicht seine Vorreiterrolle?

Der Dollar bleibt vorerst wichtigste Reservewährung, was aber nicht nur Vorteile hat. Ein Land, dessen Währung als Weltreservewährung dient, muss groß genug sein, um überhaupt ausreichend eigene Währung zur Verfügung stellen zu können. Die Schweiz etwa ist zu klein, um die Welt mit Franken zu versorgen. Wenn alle Welt aber in Dollar anlegt, verliert die Notenbank an Einfluss über die Kapitalströme. Ein Land, das eine Reservewährung stellt, weist zudem strukturell ein Leistungsbilanzdefizit auf. Wenn die Leute Dollar nachfragen, weil sie den Greenback als Reservewährung halten wollen, führt dies automatisch zu einer Aufwertung, was wiederum die Leistungsbilanz ins Minus zerrt. Eine Zunahme der Forderungen in Dollar entspricht immer genau dem Leistungsbilanzdefizit. Entsprechend müsste gegengesteuert werden, was aber alles andere als einfach ist. Insofern ist es auch ein großer Vorteil für die USA, wenn der Renminbi langfristig eine Reservewährung wird.

Von welchem Zeitraum sprechen wir?

Theoretisch könnte eine Freigabe des Yuan ganz schnell gehen. Dazu braucht es nur einen Beschluss. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass die chinesische Führung das machen wird. Bei allen bisherigen Wirtschaftsreformen ist sie Schritt für Schritt vorgegangen. Eine volle Freigabe bedeutet, dass sie die Oberhand über die Devisenbewirtschaftung und den Kapitalverkehr verliert, den sie derzeit noch kontrolliert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass China in den nächsten drei Jahren dazu bereit ist. Ich rechne eher mit einem Zeitraum von zehn Jahren.

Was heißt das für Europa?

An und für sich ist das auch für uns positiv, weil globale Ungleichgewichte abgebaut werden. Gerade Chinas Bemühungen, einen größeren Währungsraum in Asien zu etablieren, macht aber einen großen Währungsraum auch in Europa erforderlich. Die enorme Vernetzung der Kapital- und Gütermärkte wird dazu führen, dass wir weltweit nur noch zwei oder drei bedeutende Weltwährungen haben werden. Auch unter diesem Gesichtspunkt sollten wir alles dafür tun, den Euro als eigene Reservewährung zu stabilisieren.

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