Anschläge auf Schiiten im Irak: Mehr als 60 Tote

In Bagdad und bei Nassirija sind bei einer Anschlagsserie mehr als 60 Menschen getötet worden. Die Bomben explodierten in schiitischen Wohnvierteln und nahe einer Pilgerstätte im Süden.

Eine Elfjährige betrauert ihren Vater, der bei den Anschlägen in Bagdad starb. Bild: ap

BAGDAD afp | Bei einer erneuten Serie von Anschlägen auf Schiiten sind im Irak am Donnerstag mehr als 60 Menschen getötet worden. In der Hauptstadt Bagdad kamen bei Bombenexplosionen in von Schiiten bewohnten Stadtteilen mindestens 23 Menschen ums Leben. Bei einem Selbstmordanschlag auf schiitische Pilger nahe Nassirija im Süden des Landes starben nach Behördenangaben fast 40 Menschen.

Ein mit einem Sprengstoffgürtel ausgerüsteter Selbstmordattentäter habe in Batha bei Nassirija im Süden des Landes mindestens 38 Menschen getötet und mehr als 60 weitere verletzt, teilten die Gesundheitsbehörden der Provinz Dhi Kar mit. Die Pilger waren auf dem Weg zum Heiligen Schrein von Kerbela.

In Bagdad waren zuvor in dem mehrheitlich von Schiiten bewohnten Stadtteil Kadhimija zwei Autobomben explodiert. Laut Innen- und Verteidigungsministerium wurden mindestens 14 Menschen getötet und knapp 40 weitere verletzt. Im Schiitenviertel Sadr City wurden durch eine Explosion nahe einer Gruppe von Tagelöhnern mindestens sieben Menschen getötet und 20 weitere verletzt. Wenig später explodierten zwei Bomben nahe des Krankenhauses, in das einige Verletzte gebracht worden waren; mindestens zwei Menschen starben, 15 wurden verletzt.

Der Irak erlebt eine schwere politische Krise

"Die politischen Führer kämpfen um die Macht und wir zahlen den Preis dafür", sagte ein Tagelöhner, der sich in der Nähe des Anschlagsorts in Sadr City befand, in Anspielung auf das innenpolitische Zerwürfnis von Sunniten und Schiiten. Am Anschlagsort im Stadtteil Khadhimija rief ein Bürger: "Wo sind die Sicherheitskräfte? Es ist ihre Schuld!" Die Polizei sperrte den Tatort ab. "Warum verbieten Sie Fotografen und Journalisten den Zugang?", schrie ein Mann in Richtung der Beamten. "Haben Sie Angst davor, dass die Welt Ihr Scheitern sieht?"

Der Irak erlebt nur wenige Wochen nach dem Abzug der letzten US-Truppen aus dem Land eine schwere politische Krise, die von Differenzen zwischen Schiiten und Sunniten geprägt ist. Mitte Dezember hatte die sunnitische Irakija-Fraktion, die neun Minister der Einheitsregierung stellt, einen Boykott von Regierung und Parlament beschlossen. Kurz darauf erließ ein Richtergremium Haftbefehl gegen den sunnitischen Vize-Präsidenten Tarek el Haschemi, dem zur Last gelegt wird, dass seine Leibwächter in Anschläge verwickelt gewesen seien.

Am Mittwoch hatte es Anzeichen einer Entspannung gegeben. Die neun Minister aus den Reihen der Irakija-Fraktion sollten nicht für abgesetzt erklärt werden, sonden würden als "beurlaubt" angesehen, sagte ein Berater des irakischen Regierungschefs Nuri al-Maliki.

Der iranische Vize-Außenminister Hossein Amir Abdollahian verurteilte die Anschläge laut der Nachrichtenagentur Irna. Die Angriffe seien ein "Versuch, interreligiöse Zusammenstöße zu provozieren". Er kritisierte vor diesem Hintergrund das "Schweigen einiger anderer Länder zu diesen Terrorakten".

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