Atomprotest überfordert Staatsanwaltschaft: Gigantischer Aktenberg

Gegen Anti-Atom-AktivistInnen, die aufgerufen haben, Steine aus den Gleisbetten zu entfernen, soll nicht länger ermittelt werden. Stattdessen sollen die Aktivisten spenden.

Ein Atomkraftgegner versucht Schotter, aus dem Gleisbett zu entfernen. Bild: dapd

BERLIN taz | Nach den erfolgreichen Protesten gegen den letzten Castortransport ins niedersächsische Gorleben rufen Anti-Atom-AktivistInnen jetzt zum Kräftemessen mit der Lüneburger Staatsanwaltschaft auf. Hintergrund ist: Noch immer ermittelt die Staatsanwaltschaft in hunderten Fällen gegen Unterzeichner eines Solidaritätsaufrufs aus dem Jahr 2010. Damals hatten über 1.500 Personen einen Brief unterzeichnet, in dem dazu aufgerufen wurde, bei den Atommülltransporten Schottersteine aus den Gleisbetten zu entfernen. Damit werden die Streckenabschnitte für den Zug unpassierbar.

Wie die Rechtshilfe der Kampagne "Castor Schottern" nun mitteilt, hatten in den vergangenen Wochen zahlreiche Unterzeichner Post von der Staatsanwaltschaft bekommen. In einem im Internet verbreiteten Aufruf heißt es, die Staatsanwaltschaft biete Unterzeichnern des Aufrufs an, "das Verfahren gegen Zahlung einer Spende an gemeinnützige Organisationen einzustellen".

Tatsächlich hat die Lüneburger Staatsanwaltschaft bereits zahlreiche Fälle gegen Zahlung eines solchen geringfügigen Betrags eingestellt. Das muss sie wohl auch: Denn der massenhafte Ungehorsam aus dem Jahr 2010 macht der Behörde noch immer zu schaffen. Mit der Bearbeitung des gigantischen Aktenberges geht es nur schleppend voran.

Zu einem Gerichtsverfahren ist es noch in keinem einzigen Fall gekommen. Dass die Staatsanwaltschaft die Schotter-AktivistInnen doch noch vor Gericht zerren könne, erscheint schon aus pragmatischen Gründen kaum vorstellbar. Schon 2010 hatte ein Behördensprecher der taz gesagt, es gehe vor allem um eine "abschreckende Wirkung".

Aus dieser Lage will die Kampagne "Castor Schottern" nun Kapital schlagen. In ihrem Aufruf heißt es: "Die Staatsanwaltschaft scheint langsam einzusehen, dass sie nicht tausende AtomkraftgegnerInnen vor Gericht stellen, geschweige denn verurteilen kann. (…) Deswegen rufen wir euch dazu auf, auf dieses Angebot nicht zu reagieren. Damit bestehen wir noch einmal darauf, dass Widerstand gegen die Atomindustrie legitim ist, auch wenn er die Grenzen des Erlaubten überschreiten muss."

Um die Behörde weiter auf Trab zu halten, so heißt es weiter, würde die öffentliche Auseinandersetzung sowohl von der Kampagne "Castor Schottern" als auch von den beteiligten Gruppen unterstützt.

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