Fukushima-Zwischenbericht: Tepco hat komplett versagt

Mangelhafte Kommunikation und ein unkoordiniertes Vorgehen. Der Zwischenbericht zum Super-GAU in Fukushima fällt für den Betreiber Tepco und die Regierung verheerend aus.

Fukushima: vom Reaktorblock 2 steht nur noch das Stahlskelett. Bild: dpa

TOKIO/BERLIN afp/dpa | Neun Monate nach der Katastrophe von Fukushima erhebt ein Zwischenbericht schwere Vorwürfe gegen den Betreiber Tepco und die japanische Regierung.

Sowohl Tepco als auch die zuständigen Behörden seien auf eine Katastrophe diesen Ausmaßes vollkommen unvorbereitet gewesen, zitierten lokale Medien aus dem am Montag in Tokio veröffentlichten 507-Seiten-Bericht. Tepco selbst hatte behauptet, keine Fehler im Umgang mit dem Unglück gemacht zu haben. Laut Bericht aber trägt der Atomanlagenbetreiber Verantwortung für die Katastrophe.

Die Reaktion auf das Unglück sei unkoordiniert gewesen, die Kommunikation mangelhaft. Tepco habe wichtige Informationen nur langsam an die Regierung weitergegeben, diese wiederum habe beim Zusammentragen der Information schlecht abgeschnitten.

Schon im Vorfeld sei das Risiko unterschätzt worden. Tepco hätte aber angesichts der dramatischen und unumkehrbaren Folgen die nötigen Vorkehrungen treffen müssen. "Selbst wenn es sich hier um ein sehr unwahrscheinliches Phänomen handelt, bedeutet das nicht, dass man es einfach ignorieren kann", heißt es im Bericht.

In verstrahlte Gebiete umgesiedelt

Tepco hat dem Bericht zufolge seine Arbeiter nicht ausreichend ausgebildet, um das Unglück zu bewältigen. Fälschlicherweise hätten sie zum Beispiel angenommen, dass das Kühlsystem in Reaktor 1 unbeschädigt sei. Dadurch hätten sich die Rettungsarbeiten verzögert. In Reaktor 3 hätten die Arbeiter die Notkühlung gestoppt, ohne dies zu melden. Laut Bericht wäre möglicherweise weniger Radioaktivität ausgetreten, wenn sie in beiden Fällen richtig reagiert hätten.

Der Bericht lässt Chaos bei der Rettungsaktion vermuten: Die Mitarbeiter hätten auf Taschenlampen zurückgreifen müssen, als der Strom im Werk ausfiel. Auch seien damit ihre Handys ausgefallen. Das habe die Kommunikation mit dem Koordinierungsbüro im Werk erschwert.

Kritik gab es auch an den Regierungsvorgaben für die Umsiedlung der Bevölkerung aus den betroffenen Region. Einige Bewohner sollen wegen ungenauer Angaben in radioaktiv verseuchte Gegenden gebracht worden sein.

Tepco will mehr Geld vom Staat

Derweil hat Tepco die Regierung um weitere Hilfen in Höhe von 700 Milliarden Yen (knapp sieben Milliarden Euro) ersucht, um Entschädigungen für betroffene Familien auszuzahlen. Das Unternehmen begründete den Schritt am Dienstag damit, dass die Regierung in Tokio den Kreis der Anspruchsberechtigten erweitert habe. Die japanische Regierung hatte bereits im November eine erste Tranche von umgerechnet 8,4 Milliarden Euro aus einem Entschädigungsfonds freigegeben, der nach der Atomkatastrophe eingerichtet worden war.

Die japanische Regierung hatte eine unabhängige Kommission unter der Leitung des Ingenieurwissenschaftlers Yotaro Hatamura beauftragt, die Vorfälle zu untersuchen. Der Bericht basiert auf 900 Interviewstunden mit 456 Beteiligten. Im Sommer wird der Abschlussbericht erwartet. Darin sollen auch Interviews mit Regierungsvertretern wie dem damaligen Ministerpräsident Naoto Kan ausgewertet werden.

Im Atomkraftwerk Fukushima im Nordosten Japans war am 11. März durch ein Erdbeben der Stärke 9,0 und einen anschließenden Tsunami das Kühlsystem so schwer beschädigt worden, dass die Brennstäbe in den Reaktoren 1 bis 3 vollständig schmolzen. Es ist der schwerste Atomunfall seit der Katastrophe in Tschernobyl 1986. Zehntausende Menschen mussten die verstrahlten Gebiete verlassen. Experten schätzen, dass Tepco bis März 2013 Entschädigungen in Höhe von umgerechnet knapp 43 Milliarden Euro wird zahlen müssen.

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