Fremdenfeindlichkeit in Brandenburg: Stellenweise weltoffen

Rassismus in Brandenburg war lange auch ein Standortproblem für Potsdamer Forschungseinrichtungen. Heute werden Migranten vor allem fernab von Berlin diskriminiert.

Leider noch zu selten: Anti-Rassismus-Demo in Brandenburg. Bild: dpa

Jörg Pietsch vom Institut von Klimafolgenforschung (PIK) kann nicht klagen: "Potsdam prosperiert. Und die Stadtverwaltung bemüht sich, ausländischen Wissenschaftlern den Start zu erleichtern." Mit den Ämtern hat das PIK gute Erfahrungen gemacht. "Probleme konnten immer rasch und unbürokratisch gelöst werden." Für das Institut am Einsteinturm als bedeutendes internationales Forschungszentrum ist "Offenheit für ausländische Mitbürger" ein extrem wichtiger Standortfaktor. Ein Drittel der Forscher stammt aus Osteuropa, Indien oder China. Manche sind schon seit mehr als einem Jahrzehnt hier, viele jüngere bleiben nur, drei, vier Jahre. Nicht alle lernen dafür Deutsch, im Institut kommuniziert man auf Englisch. "Die Forschung in unserem Bereich ist absolut globalisiert," sagt Pietsch.

Diskriminierung, rassistische Übergriffe? In der letzten Zeit sei ihm nichts zu Ohren gekommen, sagt Pietsch, der letzte Fall liege über zehn Jahre zurück. "Natürlich klären wir unsere Mitarbeiter darüber auf, in welche Viertel man eher ziehen sollte und wo man vorsichtiger sein muss. Aber insgesamt ist Potsdam heute viel weltoffener als noch in den 90er Jahren." Und eine Stadt, die Wissenschaftler hofiert: Ausländische Forscher werden durch das "Potsdam Welcome-Center" empfangen, die Einrichtung von Stadt und Universität kümmert sich um Wohnungssuche und viele Formalitäten.

Der Politikwissenschaftler Hans-Gerd Jaschke hat in einer Studie festgestellt, dass Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus dem Land Brandenburg erheblichen wirtschaftlichen Schaden zugefügt haben. Gerade die Forschungs- und Entwicklungsbranche sei "hoch sensibel". Seit den 90ern hat die Landesregierung aber Maßnahmen ergriffen, die durchaus Erfolg zeigen. Trotzdem ist die Situation für Migranten auf dem Arbeitsmarkt sehr unterschiedlich: Während Experten gelockt werden, haben Flüchtlinge und Geringqualifizierte mit Rassismus und Bürokratie zu kämpfen.

Nadia Hitzel-Abdelhamid ist Mitarbeiterin der Antidiskriminierungsstelle des Vereins Opferperspektive. Sie bezweifelt, dass die PIK-Mitarbeiter tatsächlich keinen Rassismus erleben: "Das Thema ist noch immer schambesetzt. Gerade Menschen mit guter sozialer Stellung fällt es oft schwer, über Diskriminierung zu sprechen."

Ein großes Problem für Migranten, die keine Spitzenforscher sind, sei es, überhaupt einen Job zu bekommen. "Permanent berichten uns Leute, dass sie abgewiesen oder von Jobvermittlungsstellen offen diskriminiert wurden." Da heiße es dann etwa, man könne den Kunden keinen dunkelhäutigen Verkäufer zumuten oder es fehlten Deutschkenntnisse. "Selbst bei Jobs, für die das keine Rolle spielt", so Hitzel-Abdelhamid. Vor allem in den berlinfernen Regionen sei das noch ein großes Problem.

Brandenburgs Integrationsbeauftragte Karin Weiß bedauert, dass die Situation der 1990er immer noch mit heute gleichgesetzt wird: "Brandenburg setzt sich heute deutlich mit Rechtsextremismus auseinander." Es gebe generell einen viel bewussteren Umgang mit dem Thema. "Sicher gibt es Vorfälle wie Angriffe auf Imbisse ausländischer Besitzer." Ein "flächendeckendes Phänomen" sei das aber nicht.

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