Neonazi-Abwehrzentrum: Die Wacht am Rhein

Als Reaktion auf die Neonazi-Mordserie starten 40 Sicherheitsbehörden ein "Gemeinsames Abwehrzentrum" . Auch das Internet wird schärfer überwacht.

Abwehr vom Schreibtisch aus: Bundesinnenminister Friedrich nimmt zur Eröffnung am Kopfende Platz. Bild: dpa

BERLIN taz | "Stau auf der A555 von Köln nach Meckenheim": Diese Meldung könnte bald öfter im Radio kommen. Denn das am Freitag als Reaktion auf die Morde der Neonazi-Zelle NSU gestartete "Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus" (GAR) hat nicht einen Standort sondern zwei.

In der einen Woche treffen sich Vertreter der rund 40 vertretenen Sicherheitsbehörden beim Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln, in der Woche darauf sitzen sie in der Zweigstelle des Bundeskriminalamts (BKA) im knapp 50 Kilometer entfernten Meckenheim.

Fünf Wochen nachdem die rechtsterroristische Mordserie aufgedeckt wurde, gehe es nun darum Konsequenzen zu ziehen, begründete Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) die Einrichtung des GAR. Der Kampf gegen den Rechtsextremismus sei eine "Daueraufgabe", deswegen brauche man auch eine "Dauereinrichtung".

Ziel des Abwehrzentrums sei es, "einen permanenten Fahndungs- und Verfolgungsdruck auf die rechtsextreme Szene auszuüben", sagte BKA-Chef Jörg Ziercke in Berlin. Vor allem den militanten Rechtsextremismus müsse man "sehr viel genauer ins Visier nehmen als in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten", ergänzte Verfassungsschutzchef Heinz Fromm.

140 Beamte zur Überwachung der Neonaziszene

Die beiden Behörden werden jeweils 50 Leute für das neue Zentrum abstellen, dazu kommen Vertreter der Kriminalämter und Verfassungsschutzbehörden aller Länder sowie des Militärgeheimdiensts MAD, des Auslandsgeheimdienstes BND und der Bundesanwaltschaft - insgesamt rund 140 Beamte, die vom Rhein aus die Neonaziszene überwachen sollen.

Vorbild ist das fast auf den Tag genau vor sieben Jahren in Berlin-Treptow als Reaktion auf islamistische Anschläge eingerichtete Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ). Auch dort sitzen Vertreter von 40 Sicherheitsbehörden und konferieren über konkrete Bedrohungen und "Gefährder", also Personen, denen man politisch motivierte Taten zutraut.

Auch im Bereich des Rechtsextremismus brauche man nun einen Gesamtüberblick über die Gefährder und ihr Umfeld und einen ständigen Austausch über relevante Ereignisse zwischen den Polizeibehörden und Geheimdiensten von Bund und Ländern, sagte BKA-Chef Ziercke.

Warnung vor Nachahmern

Doch das Abwehrzentrum ist nicht die einzige Einrichtung, bei der die Bundesregierung sich nun an den Erfahrungen im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus orientiert. Wie am Freitag bekannt wurde, haben das BKA und der Verfassungsschutz schon zum 1. Dezember eine "Koordinierte Internetauswertung Rechtsextremismus" eingerichtet und wollen nach eigenen Angaben das Netz "systematisch und kontinuierlich" nach extremistischen und terroristischen Inhalten durchsuchen.

Man werde auch darauf achten müssen, ob es Personen oder Gruppen gibt, die sich von den Taten der Neonazi-Terrorzelle NSU animiert fühlen könnten, sagte Verfassungsschutzchef Fromm. Denn bei solch spektakulären Taten gebe es immer die Gefahr von Nachahmern.

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