Streit um Arbeitsmarktpolitik: CDU fordert Scheeles Akten

Opposition will Genaueres über Vergabe von 1-Euro-Jobs und 40 Stellen erfahren. Senator sei "überfordert".

Aus CDU-Sicht "sichtlich überfordert": Sozialsenator Scheele. Bild: dpa

Detlef Scheele steht weiter unter Druck. Nachdem der SPD-Sozialsenator eingeräumt hat, 19 Millionen Euro für die Förderung von Langzeitarbeitslosen nicht ausgegeben zu haben, will die oppositionelle CDU nun Genaueres über die Hintergründe erfahren. Das kündigte am Donnerstag der CDU-Fraktionsvorsitzende Dietrich Wersich an.

Scheele selbst schiebt die Schuld dem ehemaligen Jobcenter-Geschäftsführer Thomas Bösenberg zu - den er selbst im August entlassen hat. Inzwischen aber ist Bösenberg wieder ein Untergebener Scheeles und als solcher wehrlos.

Jobcenter-Mitarbeiter lassen andere Sichtweisen verlauten: Die Bundesagentur für Arbeit (BA) habe nach dem Ende von Schwarz-Grün den Druck erhöht, die Ausgaben für berufliche Fortbildung zu drosseln. Die Job-Vermittler, jeder zuständig für mehr als 100 Betroffene, hätten teilweise nur noch einen Bildungsgutschein pro Monat vergeben dürfen, ist zu hören.

Nürnberger Interessen

Auch bei den so genannten 1-Euro-Jobs - im Fachjargon: Abeitsgelegenheiten (AGH) - sei nach Scheele Amtsantritt ein Kompromiss über den Fortbestand von 7.250 AGH seitens der BA aufgekündigt worden. Scheele habe als früherer Staatssekretär im Arbeitsministeriums weniger die Interessen der Stadt als die der Nürnberger Bundesanstalt im Blick gehabt. BA-Chef Weise feierte der Steuerzahler-Bund als "Sparlöwe 2011".

Wer hat wann bei den Ausgaben für die Eingliederung der rund rund 60.000 Langzeitarbeitslosen auf die Bremse gedrückt? Das will die CDU klären. Fraktionschef Dietrich Wersich kündigte am Donnerstag an, seine Fraktion werde "die Vorlage aller Akten beantragen".

Umstrittene Stellen

Gleiches gilt für die umstrittene Vergabe von 40 Sozialarbeiterstellen an die staatliche Hamburger Arbeitsbeschäftigungsgesellschaft HAB. Der Vorwurf: Schon eine ursprüngliche Ausschreibung sei auf diesen großen Träger hin zugeschnitten gewesen. Dafür spricht, dass die SPD-Fraktion 2009 in einem Antrag ein entsprechendes Konzept für die HAB angedacht hatte. Daran erinnerte jetzt die GAL.

Wersich trat am Donnerstag mit den versammelten CDU-Fachsprechern für Jugend, Soziales. Integration und Arbeitsmarktpolitik vor die Presse und präsentierte ein Dossier über neun Monate Scheele-Amtszeit. Sein Fazit: Der Senator sei nicht der von Bürgermeister Olaf Scholz gelobte Experte, sondern "sichtlich überfordert".

In der Arbeitsmarktpolitik etwa sorge er für "Chaos". Der Bereich sei im Hauruck-Verfahren von der Wirtschafts- in die Sozialbehörde verlagert worden, leitende Mitarbeiter habe man "vergrault". Auch auf anderen Feldern, etwa der Jugendhilfe, setze der Senator auf "Konfrontation statt Kommunikation".

Wenig überzeugend sei auch das jüngste Krisenmanagment, ergänzte die CDU-Abgeordnete Katharina Wolff. Scheele sage, er habe das Job-Center schon im Sommer zur Etat-Ausschöpfung ermahnt. "Stimmt das, konnte er sich wenig durchsetzen", wundert sich Wolff.

Die CDU stört weiter, dass Scheele mit Bösenberg ausgerechnet einem Christdemokraten zum Schuldigen für die zögerliche Zuweisung von Teilnehmern auf AGH-Plätze machte. Zuständig gewesen sei vielmehr die SPD-Abgeordnete Syvia Wowretzko.

Die CDU rät Scheele, die Weihnachtstage zu nutzen, "um sich zu prüfen, ob er wirklich der richtige für die Aufgabe des Hamburger Sozialsenators ist".

Gegenangriff der SPD

SPD-Fraktionschef Andreas Dressel startete prompt einen Gegenangriff. Es sei politische Tradition, sich mit Kritik an unmittelbaren Amtsnachfolgern zurück zu halten. Dagegen habe Wersich verstoßen. Scheele mache einen "guten Job" und habe die von Wersich mitverantwortete "Abzocke" bei den Kita-Gebühren beendet.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.