Niedersachsens Innenminister Schünemann: Minister im Kreuzfeuer

Der Antrag der Opposition auf Abwahl von Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) ist gescheitert. Die Kritik reißt dennoch nicht ab.

Rassismus aus der CDU? Eine Abgeordnete pöbelte gegen eine grüne Kollegin, um den Innenminister aus der Schusslinie zu nehmen. Bild: dpa

HANNOVER taz | "Am besten schieben wir Sie ab", der Zwischenruf der CDU-Hinterbänklerin Gudrun Pieper in Richtung der deutsch-türkischen Grünen-Abgeordneten Filiz Polat war am Mittwoch der Tiefpunkt einer Landtagsdebatte in Hannover zu Niedersachsens umstrittener Ausländerpolitik.

Die Linksfraktion forderte Pieper umgehend auf, ihr Landtagsmandat niederzulegen. Aus dem Zwischenruf spreche "Rassismus, der aus der Mitte der CDU-Fraktion kommt." Auch Piepers Entschuldigung könne das Gesagte nicht ungeschehen machen. Die Grünen fordern, den Vorfall in einer eigenen Landtagsdebatte aufzuarbeiten.

Vom eigentlichen Thema ablenken konnte der Eklat nur kurz: Innenminister Uwe Schünemann (CDU), der seit Wochen aus der Kritik nicht herauskommt. Zwar scheiterte ein Entlassungs-Antrag am Dienstag an der Stimmenmehrheit von Schwarz-Gelb. Am Mittwoch stand er wegen seiner Abschiebepraxis allerdings erneut in der Kritik.

"Sie schieben Menschen aus der Psychiatrie und dem Krankenhaus ab und Mütter, während ihre Kinder in der Schule sind", warf die Grünen-Politikerin Polat ihm vor. Die Linksfraktion bezeichnete Schünemanns Ausländerpolitik als "menschenrechtswidrig und inhuman". Auch sein Zurückrudern im Fall der Familie Nguyen sei "kein Gnadenakt außerhalb des geltenden Rechts, sondern eine Wiedergutmachung für begangenes Unrecht", sagte ihr Fraktionschef Hans-Henning Adler.

Empörung auch in der CDU

Im November hatte Schünemann die Familie aus Hoya nach fast 20 Jahren in Deutschland nach Vietnam abschieben lassen. Erst nachdem der Fall bei Kirchen, Wohlfahrtsverbänden und auch CDU-intern für Empörung sorgte, setzt sich Schünemann mittlerweile für die Rückkehr der Familie ein.

Am Mittwoch verteidigte er sein Vorgehen: "Wir müssen nach Recht und Gesetz handeln, auch in der Ausländerpolitik", sagte Schünemann. Das habe er im Fall Nguyen getan - eingeschritten sei er wegen der "besonderen Härte im Herkunftsland" Vietnam. Konsequenzen habe er mit der Weisung an die Ausländerbehörden bereits gezogen, vor Abschiebungen auf die Möglichkeit hinzuweisen, die Härtefallkommission des Landes anzurufen (taz berichtete).

Besänftigen sollte die Neuerung auch Ministerpräsident David McAllister (CDU), der vor allem über den Zorn der Kirchen nicht amüsiert gewesen sein soll. Und auch der Koalitionspartner FDP begehrt zunehmend gegen Schünemanns Ausländerpolitik auf.

Erst am Montag hatte ihn die Fraktion zum Gespräch geladen und deutlich gemacht, dass in Sachen Härtefallkommission noch mehr zu verbessern sei. Für die heutige Innenministerkonferenz fordert die FDP Schünemann auf, sich für ein liberaleres Bleiberecht und gegen Kettenduldungen auszusprechen.

Im Plenum hatte FDP-Innenpolitiker Jan-Christoph Oetjen verhalten geklungen, als es am Dienstag um den Entlassungs-Antrag der Opposition ging. "Wir sind zwar nicht immer einer Meinung", sagte er, "stehen aber im konstruktiven Dialog." Deutlicher stellte sich Regierungschef McAllister vor seinen Rechtsaußen: "Der Minister bleibt im Amt", versuchte er, die Debatte zu beenden.

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