Grünen-Fraktion findet Mediatoren: Das Urgestein soll's richten

Ex-Fraktionschef Wolfgang Wieland soll zusammen mit einer Profi-Beraterin in der zerstrittenen Parlamentsfraktion schlichten.

Das Duo des Vertrauens: Wolfgang Wieland und Michaele Hustedt. Bild: dpa

Es war Donnerstagmittag, als ein ungewöhnliches Geräusch durch die Holztüren drang, hinter denen die Grünen-Fraktion erneut nach ihrer Zukunft suchte. Eine Teilnehmerin bestätigte: Ja, das sei tatsächlich Gelächter - in einer Runde, in der zwei Tage zuvor noch die Fetzen flogen. Nicht nur stimmungsmäßig scheint die Talsohle in der tief gespaltenen, 29-köpfigen Fraktion durchschritten. Unerwartet schnell einigten sich die Abgeordneten, wer sie als Schlichter aus dem Grabenkampf führen soll: Ex-Fraktionschef Wolfgang Wieland und die Beraterin Michaele Hustedt, eine frühere grüne Bundestagsabgeordnete.

Die Auseinandersetzung zwischen dem linken Flügel um den Abgeordneten Dirk Behrendt und dem Lager um die wiedergewählten Chefs Volker Ratzmann und Ramona Pop hatte die Fraktion an den Rande eines Bruchs geführt. Behrendt, der sich vergangene Woche bei der Vorstandswahl nicht durchsetzen konnte, mochte das Ergebnis nicht akzeptieren. Er forderte den Rücktritt eines Mitglieds der Doppelspitze und drohte damit, die Parteilinken würden anderenfalls nicht im sechsköpfigen Vorstand mitarbeiten sowie, wenn nötig, im Abgeordnetenhaus eigenständig auftreten.

"Es ist nicht hinzunehmen, dass sich ein Teil der Fraktion außerhalb der Fraktionsgemeinschaft stellt und demokratische Wahlen nicht akzeptiert", sagte Ratzmann der taz vor Sitzungsbeginn. Gegenüber Wieland als Vermittler hatte sein Lager Vorbehalte gehabt, weil Wielands Name vor der Vorstandswahl unter einem Appell der Parteilinken aufgetaucht war. Kurz darauf hatte Wieland in einem taz-Interview aber auch die Linke kritisiert und es als "Kindergarten" bezeichnet, die Mitarbeit zu verweigern.

Behrendt wiederum zeigte sich vor Sitzungsbeginn noch skeptisch gegenüber einem professionellen Vermittler, wie er Ratzmann und Pop vorschwebte. "Wir haben einen politischen Konflikt, keinen psychologischen", sagte Behrendt der taz. Dass kaum eineinhalb Stunden später ein Kompromiss stand, war da nicht zu erwarten.

Mit Wieland/Hustedt trifft man sich in der Mitte: Hier das Berliner Grünen-Urgestein Wieland (63), der viele Jahre im Abgeordnetenhaus saß, 2001 kurz Senator wurde und 2005 in den Bundestag ging. Dort Hustedt (53), für die Politik und Grüne kein Neuland sind, weil sie elf Jahre grüne Bundestagsabgeordnete war, die aber nicht aus der Berliner Landespolitik kommt.

In der Fraktionssitzung am kommenden Dienstag soll die Arbeit der Schlichter starten, bis Ende November sollen sie tätig sein. Mit bedauerndem Blick kam der neue Parlamentspräsident Ralf Wieland (SPD) am Grünen-Sitzungssaal vorbei. "Nicht unterkriegen lassen", sagte er zum grünen FinanzerpertenJochen Esser, seinem langjährigen Parlamentskollegen. Für Wieland hatte die Grünen-Krise ein Gutes: An Rot-Schwarz wird kaum einer mehr kritteln, wenn ein SPD-Parteitag demnächst der neue Koalition zustimmen soll.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.