Champions League: Geeier Leverkusen

Eines wird nach dem 1:3 des Bundesligisten in Valencia deutlich: Die Mannschaft ringt unter Trainer Robin Dutt noch immer um Konstanz.

Trainings-Tohuwabohu: Robin Dutt sucht nach einer klaren Linie. Bild: dpa

VALENCIA taz | Als Torhüter hat Bernd Leno gelernt, sich mit einem Lächeln zu schützen. Schon zur Halbzeit, als sein Torwarttrainer Rüdiger Vollborn auf den Fußballplatz eilte, um Leno mit rudernden Armen zu sagen: "Mensch, das passiert halt mal!", lächelte Leno. Nun, anderthalb Stunden später, im nur noch spärlich beleuchteten Stadion, lächelte Leno noch einmal, zu seinen eigenen Worten. Er schilderte, wie er mit einem Fehlpass dem Gegner das 1:0 ermöglichte.

Das Lächeln der Torhüter ist ihre Maske: Die kalte Enttäuschung dahinter sieht man nicht. Bernd Leno, 19 Jahre jung, der im Tor von Bayer Leverkusen in seiner ersten Bundesligasaison das Publikum bislang mit der Mühelosigkeit eines Hochtalentierten verzückt hatte, versuchte am Dienstag tapfer, seinen ersten Patzer mit ähnlicher Leichtigkeit zu nehmen.

Nur neun Sekunden waren im Champions-League-Spiel beim FC Valencia vergangen, als Leno mit den Stollen im sandigen Rasen hängen blieb und deshalb Valencias Jonas Gonçalves den Ball vor die Füße spielte, der augenblicklich zum 1:0 einschoss. "Den Rekord, so schnell ein Tor zu verschulden, nimmt mir keiner mehr", sagte Leno. Und lächelte.

Sein Ungeschick blieb eine Anekdote - das Gegentor war nicht entscheidend, sondern nur ein freakiges Detail im großen Bild, das Bayer bei seiner 1:3-Niederlage in Valencia hinterließ. In 90 Minuten auf echtem Champions-League-Niveau offenbarte Leverkusen deutlicher denn je, was für eine Elf es auch unter Trainer Robin Dutt sein könnte - und zeigte gleichzeitig, warum es das nicht ist.

Phasen der Überlegenheit wechselten mit momentaner Hilflosigkeit; kühnes Angriffsspiel von André Schürrle und, etwas weniger geistreich, Sidney Sam kontrastierte mit den Schwierigkeiten von Simon Rolfes und Michael Ballack beim Pressing. Eine begabte Elf mit einem belasteten Verhältnis zum neuen Trainer versucht, sich selbst zu finden. Das ist Bayers Experiment in Echtzeit.

Zwei Tore aus dem Nichts

Dabei - das wurde in Valencia deutlich - wird sie kein Befreiungsschlag erlösen. Ein Unentschieden hätte Bayer dem Aufstieg aus der Vorrunde ganz nahe gebracht, doch scheint es logisch, dass diese Elf mal unverständlich gewinnt, wie beim Hinspiel gegen Valencia, mal unglücklich verliert, wie am Dienstag, als sie nach dem 1:1 durch Stefan Kießling das Spiel "scheinbar beruhigt" hatte, wie Ballack sagte, nur um dann "aus dem Nichts zwei Tore einzufangen".

Inkonstanz ist das Merkmal von Mannschaften, die nicht in sich ruhen, bei denen Spieler und Trainer den Einklang suchen. Trainer Dutt ist realistisch: "Die Konstanz werden wir auch nicht in wenigen Tagen finden. Da werden wir sicher noch bis Weihnachten dran arbeiten müssen."

Das ist der Leverkusener Traum: dass man Dissonanzen wegarbeiten kann. Dabei ging es bei den anfänglichen Störungen zwischen Spielern, die gerade Bundesliga-Zweiter geworden waren, und Dutt, der als großes Trainer-Talent galt, nicht nur darum, ob Nutella auf den Frühstückstisch darf, sondern um harte fachliche Fragen.

Spielzüge üben

Ein aufstrebender Fußball-Lehrer, der Bayers Training zur Weiterbildung regelmäßig beobachtet, kann die Wellen des Konflikts anhand der Trainingsgestaltung bestens nachvollziehen: Zunächst trainierte Dutt - konträr zu seinem erfolgreichen Vorgänger Jupp Heynckes - nach der Lehre der Superkompensation montags und dienstags viermal, in den restlichen Tagen nur noch leicht; er ließ taktische Spielzüge über den halben Platz ohne Gegner einstudieren.

Plötzlich aber wurde wieder wie nach Heynckes Lehre der Ruhetag auf Montag verlegt und vor allem das Passen auf kleinstem Raum trainiert. Dutt hatte offenbar den Klagen der Spieler nachgegeben. Seit Kurzem baut der Trainer wieder vermehrt auf seine eigenen Übungen vom Spielzüge-Simulieren. Ein Trainer, anders als ein Torwart, kann nicht einfach über seine Fehler hinweglächeln.

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