Finanzminister Schäubles Plan B: EU-Alleingang bei Transaktionssteuer

Schäuble wünscht sich auf dem G-20-Gipfel eine Einigung zur Finanztransaktionsteuer. Sollte dies nicht gelingen, könnten die Euro-Zone die Steuer trotzdem einführen.

Keine Angst von Alleingängen: Finanzminister Wolfgang Schäuble. Bild: dapd

BERLIN taz | Bislang ist Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nicht gerade mit besonders mutigen Schritten bei der Regulierung der Finanzmärkte aufgefallen. Auf dem Gipfel der 20 größten Volkswirtschaften (G 20), der am Mittwoch im französischen Cannes beginnt, will er aber die Muskeln spielen lassen.

In der Financial Times kündigte er an, dass die EU zur Not alleine die Finanztransaktionsteuer einführen werde, sollten die G-20-Staaten zu keiner gemeinsamen Lösung kommen. "Wenn wir dort keine Einigung erzielen, bin ich dafür, in Europa anzufangen", sagte Schäuble.

Und mit Blick auf die Briten, die zu den größten Gegnern einer solchen Steuer gehören, ging er sogar noch weiter: Sollten sich auch die 27 EU-Staaten nicht einigen, werde die Steuer eben für die 17 Mitglieder der Eurozone eingeführt.

Die Finanztransaktionsteuer, die im englischsprachigen Raum von den Befürwortern auch als "Robin Hood Tax" bezeichnet wird, soll dazu dienen, Spekulationen auf den Finanzmärkten einzudämmen. Selbst ein niedriger Steuersatz von unter einem Prozent auf sämtliche Geschäfte mit Aktien, Devisen und Derivaten hätte den Effekt, dass sich vor allem der sogenannte Hochfrequenzhandel nicht mehr lohnen würde.

Dieser computergestützte Kauf und Verkauf ist in der Lage, in Sekundenbruchteilen Milliarden von Dollar zu pulverisieren, und hat weltweit bereits für große Probleme gesorgt. Die EU-Kommission ist bislang am weitesten vorgeprescht und hat einen Satz in Höhe von 0,1 Prozent vorgeschlagen.

"Nun ist die Zeit gekommen"

Zwar lehnen unter den G-20-Staaten außer den Briten auch die USA, China und Indien die Finanzmarktabgabe bislang ab. Und die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, auch in deutschen Regierungskreisen werde nicht damit gerechnet, dass es in Cannes zu einer weltweiten Einführung kommen werde. Dennoch dürfte Schäubles Ankündigung wirken.

Je stärker es in Europa vorangeht, desto größer wird der Druck auf andere Länder, ist sich Jörn Kalinski von der Hilfsorganisation Oxfam sicher. Und auch Jeffrey Sachs, Direktor des Earth Institute an der Columbia-Universität in New York, spricht von einem großen Schritt, wenn mit Deutschland die größte Volkswirtschaft Europas sich für eine Finanztransaktionsteuer ausspricht. Seit 30 Jahren werde für eine solche Steuer gekämpft, so Sachs. "Nun ist die Zeit gekommen."

Und tatsächlich: Die niederländische Regierung - ebenfalls bisher eine vehemente Gegnerin der Finanztransaktionsteuer - hat am Samstag überraschend ihre Position geändert. Ministerpräsident Mark Rutte sprach sich in einer Parlamentsdebatte dafür aus, die Abgabe einzuführen. Die Steuer könne erhoben werden, wenn "mehrere Länder" mitmachten. Explizit sprach Rutte von den Euroländern.

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