Virtueller Schreibtisch von Microsoft: Ballspiele auf dem Holodesk

Forscher bei Microsoft entwickeln Schnittstellen, die virtuelle und reale Welt verbinden. Die Prototypen demonstrieren spannende Möglichkeiten.

Echte Hände, virtuelle Bälle: Der Holodesk verbindet zwei Welten. Bild: Screenshot Youtube

Jeder technikinteressierte Mensch, der Anfang der Neunzigerjahre das ZDF einschalten konnte, kennt das Holodeck aus "Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert": Captain Picard und seine Crew konnten sich darin von ihrem Bordcomputer detailgetreu in fremde Welten versetzen lassen, ohne ihr Fluggerät verlassen zu müssen. Eine Technik, die ansatzweise in diese Richtung geht, haben nun Forscher bei Microsoft Research vorgestellt: Einen holographischen Schreibtisch namens Holodesk. Dabei handelt es sich um einen durchsichtigen Bildschirm mit Bewegungserkennung, der die realen Hände des Bedieners mit virtuellen Gegenständen aus dem Computer interagieren lässt.

Holodesk basiert dabei auf Microsofts hauseigenem Kameramodul Kinect, das sonst für die Spielekonsole Xbox eingesetzt wird. Das 120 Euro teure Zusatzgerät hängt an einem PC, der die Daten auswertet. Ermittelt wird nicht nur die Position der Hand, die unterhalb einer als Projektionsfläche für die Bildschirminhalte befindlichen, halbdurchsichtigen Glasfläche platziert wird, sondern auch die des Kopfes des Benutzers. So ist es möglich, dass aus dem Computer stets die blickwinkelabhängig richtige Echtzeitgrafik kommt.

Der von den Forschern auf einer Konferenz präsentierte Prototyp ist bereits recht beeindruckend. Der Nutzer kann beispielsweise virtuelle Bälle in die Hand nehmen und sie verschieben oder mit ihnen jonglieren. Ebenfalls nutzbar sind weitere reale Gegenstände: In einem weiteren Versuch wird ein virtueller Ball in eine Schüssel gelegt und verbleibt dort auch dann, wenn man die Schüssel bewegt. Dreht man sie um, fällt auch der virtuelle Ball heraus. Selbst das Balancieren eines virtuellen Gegenstandes auf einer Papierfläche ist möglich.

Praktisch einsetzen will Microsoft den Holodesk beispielsweise im Konstruktionsbereich von Ingenieurbüros: Das Interagieren etwa mit Architekturmodellen wird so deutlich anschaulicher. Das, was man sieht, kann beliebig gedreht und gezoomt werden. Noch handelt es sich bei der Technik aber noch um einen Prototypen, der allerdings zeigt, was mit relativ einfacher Hardware und ausgeklügelter Software alles möglich ist.

Technik noch nicht alltagsreif

Ein mit Holodesk zusammenhängendes Projekt nennt sich Omnitouch. Dabei gingen die Microsoft-Forscher einen anderen Weg: Statt einen stationären Bildschirm zu verwenden, der holographische Bilder zeigt, wird ein tragbarer Projektor eingesetzt, der Computerschnittstellen auf jede beliebige Oberfläche werfen kann. Der Prototyp ist allerdings noch nicht sehr praktisch: Versuchspersonen müssen ihn auf der Schulter tragen.

In der Demonstration klappt die Technik dennoch gut: Der Nutzer dreht seinen Miniprojektor auf die gewünschte Fläche, beispielsweise die eigene Hand oder der Schreibtisch. Dort erscheinen dann die Zifferntasten eines virtuellen Smartphones oder gleich eine vollständige Tastatur. Die Interaktion mit dem projizierten Bild überwacht wiederum ein Kinect-Sensor, der an einem Minicomputer hängt. Im Versuch zeigen die Forscher, wie sich so Eingaben vornehmen ließen, die dann gleich auf der gewünschten Fläche erschienen.

Die Idee ist vor allem deshalb interessant, weil so ein virtueller Touchscreen aus nahezu jeder Fläche gemacht werden kann. Kleine Smartphone-Displays oder eingeschränkte Tablet-Bildschirme braucht niemand mehr. Bis es soweit ist, muss allerdings noch geklärt werden, wo die Technik praktisch installiert werden könnte. Noch nehmen Projektor und Kinect recht viel Platz weg - und auf der Schulter kann man das System nur ein paar Minuten tragen, bevor es unbequem wird. Eine deutliche Miniaturisierung wäre also notwendig.

Die Microsoft-Projekte sind nicht die einzigen aktuellen Vorhaben in der Forschungslandschaft, berührungsempfindliche Bildschirme smarter zu machen. Der Trend geht dabei oft weg vom statischen Bildschirm, hin zur Projektion - auch wenn es hier noch Probleme wie den Schattenwurf gibt.

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