Debatte um Staatstrojaner: Ministerin späht neue Gesetze aus

Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger will klare Gesetze zum Einsatz des sogenannten Staatstrojaners. Auch der frühere Verfassungsgerichtspräsident Papier verlangt eindeutige Regeln.

Hier ist die Frage nicht: Wer liest mit? Sondern: Wer versteht das? Bild: dpa

BERLIN dapd | Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) will sich angesichts der umstrittenen Nutzung von Staatstrojanern zur Computerüberwachung für Gesetzänderungen stark machen.

Bei dem Einsatz solcher Spähprogramme müsse es klare rechtliche Grenzen geben, sagte die Ministerin am Sonntag im Deutschlandfunk. "Das darf nicht aus dem Ruder laufen." Auch der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, verlangte eindeutige Regeln für den Trojaner-Einsatz. Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat dagegen bislang betont, die Gesetze seien ausreichend.

Ermittler haben in Deutschland verschiedene Möglichkeiten zur Computerüberwachung von Verdächtigen: die Online-Durchsuchung und die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung, kurz Quellen-TKÜ. In beiden Fällen wird ein Trojaner, also ein Spähprogramm, auf den Rechner aufgespielt.

Bei der Quellen-TKÜ werden etwa Telefongespräche überwacht, die nicht über klassische Telefonverbindungen, sondern über das Internet geführt werden. Screenshots oder der Zugriff auf die Festplatte sind verboten.

Debatte über Ermittlungsarbeit im Netz

Die Online-Durchsuchung erlaubt dagegen einen deutlich tieferen Einblick in den Rechner. Allerdings sind beide Instrumente nur unter strengen rechtlichen Auflagen zulässig. Der Chaos Computer Club hatte zuletzt eine staatliche Überwachungssoftware geknackt, die weit mehr könnte, als gesetzlich erlaubt. Das hat eine hitzige Debatte über die Ermittlungsarbeit im Netz angefacht.

Leutheusser-Schnarrenberger hatte bereits vor wenigen Tagen gesagt, sie sehe rechtlichen Nachbesserungsbedarf. Die Grenzen zwischen verschiedenen Ermittlungsmethoden müssten klar sein. Im Deutschlandfunk sagte sie am Wochenende, ein Trojaner, der nur laufende Kommunikation überwachen solle, dürfe nicht mehr können als das. Und das müsse auch gesetzlich verankert werden.

"Es kann überhaupt nicht sein, dass unsere Fachleute, die in der Strafverfolgung tätig sind, eine Technik einsetzen, die das Recht verletzt", mahnte sie. Man dürfe die jüngsten Entdeckungen nicht "beiseite wischen". Sie plädierte generell dafür, die Privatsphäre der Bürger mit einem Gesetz besser vor staatlichen Eingriffen zu schützen. Allerdings stehe die Diskussion erst am Anfang. Die Sachverhalte müssten noch aufgeklärt werden.

"Keine Technik, die das Recht verletzt"

Der frühere Verfassungsgerichtspräsident Papier verlangte ebenfalls klare Regeln für die Telekommunikationsüberwachung auf Computern. Für die Strafverfolgung mittels Quellen-TKÜ gebe es derzeit keine gesetzliche Grundlage, sagte Papier der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. "Ich halte es für sinnvoll, dass der Bundesgesetzgeber dies in der Strafprozessordnung explizit regelt." Denn der Einsatz von Trojanern gehe "weit über eine herkömmliche Telefonüberwachung hinaus".

Friedrich hatte betont, er halte es nicht für notwendig, die Grenzen der Quellen-TKÜ rechtlich klarzustellen. Eine rechtliche Grauzone gebe es nicht. Am Wochenende verteidigte der Minister die Arbeit der Sicherheitsbehörden und den Einsatz von Trojanern. Er versicherte, es gehe um den Kampf gegen organisierte Kriminalität, gegen schwerste Bandenkriminalität und gegen Terroristen, nicht gegen den Bürger.

Überwachungssoftware komme bei den Sicherheitsbehörden des Bundes nur auf richterliche Anordnung hin zum Einsatz, sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger. Für die Länder könne er allerdings nicht sprechen.

Friedrich betonte, seine Lehre aus der aktuellen Debatte sei, dass die Politik mehr erklären müsse. Viele Menschen glaubten beim Stichwort "Trojaner", sie würden vom Staat überwacht.

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