Das Problem mit den Frühchen: Geld oder Leben

Eine Mutter kämpft ums Leben ihres frühgeborenen Sohnes. Ihre Odyssee zeigt auf, was schief läuft in der medizinischen Betreuung der Kleinsten – und wer daran verdient.

Viele Frühchen müssen leiden, weil Kliniken davon profitieren. Bild: dpa

Vor der Geburt haben die Ärzte Laura Herteux zweimal gesagt, ihr Kind werde wohl sterben – zuletzt am Tag vor der Entbindung im sechsten Monat. Niklas überlebt. Doch auch nach seiner Geburt machen die Mediziner der Mutter immer noch keine Hoffnung. Sieben Mal wird sie in der Klinik hören, ihr Sohn werde es wohl nicht schaffen. Tausende Eltern erleben in Deutschland jedes Jahr einen ähnlichen Horror. Viele verlieren ihr zu früh geborenes Kind, oder es überlebt nur mit massiven, oft lebenslangen Gesundheitsschäden.

Der Mann, der sagt, dass viele dieser Tode vermieden werden könnten, dächten manche Kliniken nicht zuerst an ihr Profil und ans Geld, heißt Rainer Rossi. Der 56-Jährige ist Chefarzt der Kinderklinik am Vivantes-Klinikum in Berlin-Neukölln. "Wir können viel dafür tun, diese Sterblichkeit zu vermeiden", urteilt Rossi. "Dafür brauchen wir eine wirksame Mindestmengenregelung und die Zentralisierung der Geburtskliniken."

Die Mindestmenge besagt, wie viele Frühchen ein Krankenhaus in einem Jahr behandelt haben muss. Je höher sie ist, umso erfahrener und spezialisierter sind Ärzte und Schwestern in der Behandlung dieser Kinder.

Der Mann, der das verhindern will, ist ein imposanter grauhaariger Herr mit kernigem Händedruck. Rudolf Kösters steht als Präsident an der Spitze der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Sein Job ist es, die Interessen von 2.080 kleinen und großen Kliniken unter einen Hut zu bringen. Der mächtige Dachverband der Kliniken wehrt sich gegen höhere Mindestmengen.

"Wir wollen keine Zuweisungsmedizin wie in der DDR", sagt Kösters und schüttelt den Kopf. Der konservative Katholik führte lange einen Verbund kirchlicher Kliniken. "Wenn nur noch große Zentren Frühchen versorgen dürften, führte das unterm Strich zu einer schlechteren Versorgung." Davon, die Zahl der behandelten Frühchen pro Klinik zu erhöhen, hält er nichts. "Ich bin vehement gegen Mindestmengen. Studien legen zwar einen Zusammenhang nahe, aber sie sagen nicht, wo." Er zweifelt die Verbindung an, die Rossi sieht.

Mindestmengen, Konzentration der Kliniken - von diesem Streit weiß Laura Herteux nichts, als sie Anfang Januar wegen einer Schwangerschaftsvergiftung in eine nahe gelegene Klinik kommt. Es dauert ein paar Tage, bis sie versteht: Nicht nur ihr Ungeborenes schwebt in Lebensgefahr, auch sie selbst. Als Herteux ihre Ärzte am dringendsten gebraucht hätten, waren sie wohl überfordert. Über Monate muss sie bangen: Wird ihr Sohn überleben?

Was der jungen Mutter und ihrem Sohn geschah und was das mit dem heftigen Streit im Gesundheitswesen zu tun hat, das lesen Sie in der Ganzen Geschichte "Ein bisschen Leben" in der aktuellen sonntaz. Am Kiosk, eKiosk oder per //www.taz.de/zeitung/abo/Wochenendabo/:Wochenendabo direkt im Briefkasten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.