Machtkampf bei Airbus: Streiks beim Flugzeugbauer

In den vier Airbus-Werken in Hamburg, Bremen, Stade und Buxtehude ruhte fast den ganzen Tag die Arbeit. Die IG Metall hatte zum Warnstreik aufgerufen und bereitet sich nun auf einen Arbeitskampf vor.

Legten am Freitag die Arbeit nieder: Airbus-Mitarbeiter in Hamburg. Bild: dpa

HAMBURG taz | Mehr als 10.000 Beschäftigte des Flugzeugbauers Airbus in Bremen, Hamburg, Stade und Buxtehude haben am Freitag fast den ganzen Tag die Arbeit in Früh-, Spät- und Nachtschicht niedergelegt. Sie folgten damit dem Aufruf der IG Metall Küste, um der Forderung nach einem Zukunftstarifvertrag Nachdruck zu verleihen. "Die Verantwortung für diesen Warnstreik trägt die Geschäftsführung", sagte der IG-Metall-Bezirksleiter Meinhard Geiken auf der Streikkundgebung in Bremen, an der sich 2.000 Beschäftigte der Frühschicht beteiligten. "Wer auf dem Klageweg versucht, Arbeitsniederlegungen zu verhindern und mit einer Produktionsverlagerung ins Ausland droht, bekommt den Druck aus dem Betrieb", sagte Geiken.

In Hamburg marschierten um zehn Uhr rund 7.000 Airbus-Angestellte aus dem Betrieb zur Streikkundgebung vor das Werkstor - angeführt von den Auszubildenden mit einem Transparent "Operation Übernahmen". Viele Jugendliche trugen zudem Spruchbänder, auf denen stand: "Ich will meine Zukunft". Zeitgleich versammelten sich in Stade 1.200 und in Buxtehude 200 Warnstreikende vor den Betrieben. Viele ältere Beschäftigte in Hamburg hatten auf dem Marsch zur Kundgebung Rote Karten in der Hand, auf denen in Großbuchstaben zu lesen war: "Sauer". Denn seit eineinhalb Jahren haben Airbus-Betriebsrat und IG Metall mit dem Airbus-Management ergebnislos über den "Zukunftstarifvertrag 2012-2020" verhandelt, in dem eine Beschäftigungs- und Standortsicherung, die Übernahme der Auszubildenden und mehr Mitbestimmung bei Leiharbeit und Arbeitsorganisation sowie Optimierungsprozessen gefordert wird. "Wir haben der Geschäftsführung schon die Gelbe Karte gezeigt, heute zeigen wir die Rote", sagte Vertrauensleutesprecher Jörn Junker. "Danach kommt die Dusche." Derweil hielten die Warnstreikenden demonstrativ ihre Roten Karten hoch.

Auch IG-Metall-Tarifsekretär Daniel Friedrich ist sauer. "Das Maß ist voll", sagte er. Trotz voller Auftragsbücher bis ins Jahr 2019 habe das Management provokativ 18 Monate Beschäftigungsgarantie angeboten. Und in der Frage der Auszubildenden sei eineinhalb Stunden darüber diskutiert worden, "ob Jugendliche heutzutage zu viel Alkohol trinken und ob dann noch eine Übernahme gerechtfertigt sei", sagte Friedrich.

Am meisten erregt sich Friedrich aber über die Drohung der Produktionsverlagerung. "Wenn die deutsche Geschäftsführung offen mit Produktionsverlagerung nach Frankreich droht, schlägt das dem Fass den Boden aus", sagte er. "Sollte diese Drohung Wahrheit werden", warnte Friedrich, "steht der Laden und dann geht hier nichts mehr raus".

Friedrich forderte das Management zu ernsthaften Verhandlungen auf. "Wir haben heute einen Warnschuss abgefeuert", sagte er. Die IG-Metall-Bezirksleitung habe beschlossen, in den vier Standorten Arbeitskampf-Leitungen zu bilden, die ab sofort geschult werden, so der Gewerkschafter: "Wir wollen keine Eskalation, wir fürchten sie aber auch nicht.

Airbus Operation hat an den vier Standorten 16.500 Beschäftigte.

Einen Boom verzeichnete Airbus 2000: Mit 55 Prozent Marktanteil bei Bestellungen im Verkehrsflugzeugmarkt wird Boeing abgehängt. Die Produktion des neu entwickelten Großraumflugzeugs A3XX geht in die Startphase.

Das rigorose Sparprogramm Power 8 beschließt Airbus, da sich die Produktion des A380 wegen Konstruktionsfehlern verzögert. In Stade wird ein Drittel der Belegschaft entlassen, in Hamburg das Gros der 2.500 Leiharbeiter.

Outgesourct werden die Airbus-Werke Varel und Nordenham mit 3.400 Beschäftigten in die Airbus-Tochter Premium Aerotec.

Der Betriebsrats-Vorsitzende Jan-Marcus Hinz kritisierte die derzeitige Unternehmensphilosophie. "Man kann stramme Produktivitätssteigerungen vorgeben, das ist das eine, sie zu erreichen, ist was anderes", sagte Hinz. 70 bis 90 Prozent der Störungen in der Produktion lägen allein am Outsourcing.

In den Verhandlungen von der Arbeitnehmerseite sei durch strukturelle Maßnahmen eine Produktivitätssteigerung von 120 Millionen Euro für 2012 angeboten worden, was bis 2020 über 1,1 Milliarden Euro bedeute. Die angestrebte Produktionssteigerung von acht Prozent hätte "dramatische Konsequenzen", warnte Hinz, "für Qualität- und Sicherheitsstandards".

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