Neuer EZB-Chefvolkswirt: Ein Deutscher an der Spitze

Die Finanzminister der Euro-Länder sind sich einig. Jörg Asmussen soll neuer Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank werden. Vom Berliner Finanzministerium nach Luxemburg.

Jörg Asmussen geht mit einer Empfehlung der Eurogruppe für den EZB-Posten ins Rennen. Bild: dapd

LUXEMBURG/BERLIN dpa | Jörg Asmussen dürfte ein weiteres Mal die Karriereleiter hochsteigen: Die Finanzminister der 17 Euro-Länder haben grünes Licht für seine Berufung ins Direktorium der Europäischen Zentralbank gegeben. Damit kann Asmussen in Frankfurt Nachfolger von Jürgen Stark werden, der im September überraschend zurückgetreten war. Stark galt wie der frühere Bundesbank-Chef Axel Weber als Kritiker der milliardenschweren Anleihekäufe, mit der die EZB kriselnde Euro-Staaten stützt.

Mit Krisen hat Asmussen reichlich Erfahrung. Der Manager mit Beamtenstatus zieht seit Jahren im Finanzministerium unauffällig, aber wirksam und erfolgreich die Fäden - egal welches Parteibuch der jeweilige Minister gerade trägt. 2008 war Asmussen der Mann hinter Finanzminister Peer Steinbrück, der die Hilfspakete für die deutschen Banken schnüren musste.

Der am 31. Oktober 1966 in Flensburg geborene Ökonom durfte trotz seines SPD-Parteibuchs auch unter Steinbrücks CDU-Nachfolger Wolfgang Schäuble als Staatssekretär im Finanzministerium bleiben. Sehr zum Unmut der Union, vor allem aber der FDP. Schäuble wollte aber auf den Top-Fachmann, der bestens vernetzt ist, nicht verzichten.

Die heutigen Koalitionspartner hatten sich in der IKB- und HRE-Krise vor allem an Finanzstaatssekretär Asmussen abgearbeitet. Der zweifache Vater war 2007 in die Kritik geraten, als sich die Düsseldorfer Mittelstandsbank IKB mit Immobiliengeschäften in den USA verspekulierte und mit Milliardengeldern gerettet werden musste. Asmussen saß für das Bundesfinanzministerium im Aufsichtsrat, als die Bank in die Schieflage geriet.

"Manager mit Beamtenstatus"

Asmussen ist ein enger Duzfreund des neuen Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, der im Frühjahr Nachfolger von Weber wurde. Auch Weidmann musste als Berater von Merkel die Politik verlassen, nachdem - wie nun EZB-Chefvolkswirt Stark - mit Weber ein Falke in Sachen Euro und Geldpolitik hinwarf.

Asmussen und Weidmann kennen sich aus Bonner Studienzeiten - dort hörten sie eben jenen Professor Weber, der zu ihrem Mentor wurde. Als "Manager mit Beamtenstatus" steuerten Weidmann, Asmussen & Co. die gigantischen Rettungspakete des Staates für Banken, Euro und Unternehmen und mussten auch auf internationalem Parkett bestehen.

Dass Merkel nun einen Mann mit SPD-Parteibuch auf den wichtigen Posten bei der Europäischen Zentralbank schicken will, zeigt, wie hochgeschätzt Asmussen ist. Gleichzeitig ist es aber auch ein Indiz dafür, dass Deutschland kaum noch profilierte Finanzexperten für solche Posten hat - in Schäubles Ministerium wird Asmussen mitten in der Euro-Krise eine Lücke reißen. Auch bei den Beratungen der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) über die Finanzmarktreform. Den Kritikern in der Koalition dürfte ein Weggang vonAsmussen dagegen nur recht sein.

Seine Karriere starte Asmussen 1996 unter Finanzminister Theo Waigel (CSU). Schon damals war er Referent für internationale Finanz- und Währungspolitik. Unter Nachfolger Oskar Lafontaine (SPD) wurde er persönlicher Referent des Staatssekretärs Heiner Flassbeck, nach Lafontaines Rücktritt 1999 stieg Asmussen zum Büroleiter des neuen Finanzministers Hans Eichel (SPD) auf. Er überredete dann Eichel, dass Weber 2004 Bundesbank-Präsident wurde. Es war zuvor auch die Idee von Asmussen gewesen, Weber in den Kreis der "Fünf Wirtschaftsweisen" als Regierungsberater zu berufen.

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