Kommentar Hamburger Zaunfräsen: Beleidigter Rückzieher

Zaunkönig Schreiber hat nicht mal mehr in der eigenen Partei Rückhalt.

Der Zaun ist weg. Was bleibt, ist die Frage: Was hat Markus Schreiber, SPD-Bezirksamtsleiter in Hamburg-Mitte, als nächstes im Sinn? Dass er, auf hohen Druck von Bürgerschaft, Senat und Medien, den Zaun am Freitagnachmittag hat absägen lassen, bedeutet ja mitnichten Einsicht und Umkehr. Klar ist: Schreiber wird seine Vertreibungspolitik fortsetzen. Dass er den Bahnhofsvorplatz als Nächstes von Punks und Obdachlosen säubern will, hat er ja schon angekündigt.

Er kann auch gar nicht anders. Schreiber ist der Sheriff von Hamburg-Mitte, das ist sein Profil, das er sich zugelegt hat. Politischen Rückhalt erhält er mittlerweile nicht einmal mehr von seiner eigenen Partei. Er könne "als kleiner Bezirkschef" nicht gegen die ganze Welt kämpfen, waren seine beleidigten Worte, die die Entscheidung begründen sollten. Sein Profil ist also alles, was ihm bleibt. Solange es Schreiber gibt, wird es Zäune geben. Fragt sich nur, in welcher Form.

Für unsereins mag es wie eine verkehrte Welt wirken, wenn ein SPD-Bezirksamtsleiter Obdachlose vertreibt und vom CDU-Fraktionsvorsitzenden und Ex-Sozialsenator dafür eine scharfe Rüge kassiert. In Schreibers Welt aber wiegt das "S" seiner Partei offenbar nicht so schwer wie seine Profilneurose.

Etwas Gutes hat er, gänzlich unfreiwillig, dann doch bewirkt: Es wird wieder geredet über die fast 1.000 Obdachlosen in der Stadt - und in ihrem Sinne demonstriert.

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Geboren 1983 in Polen, seit 2009 bei der taz. Erst im Panter-Workshop, dann im Volontariat bei der taz Nord in Hamburg, heute sonntaz-Redakteurin. Studierte Operngesang und Sprachen in Berlin und Rom. Schreibt über gesellschaftliche und politische Themen.

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