Panne bei der Auszählung: SPD verliert Direktmandat

Eine Zählpanne in Lichtenberg kostet die SPD einen Wahlkreis. An der knappen Mehrheit von Rot-Grün im Abgeordnetenhaus ändert sich aber wohl trotzdem nichts.

So viele Fans hatte er in Lichtenberg dann doch nicht: Klaus Wowereit. Bild: dpa

Eine Zählpanne bei der Abgeordnetenhauswahl hat kurz vor Beginn der rot-grünen Sondierungsgespräche für Aufsehen gesorgt. Im Lichtenberger Wahlkreis 1 wurden Stimmen der Linkspartei mit denen der Grünen vertauscht, als Wahlkreissiegerin galt deshalb mit 51 Stimmen Mehrheit bislang SPD-Kandidatin Karin Seidel-Kalmutzki (SPD). Offenbar erhielt aber Evrim Baba (Linkspartei) die meisten Stimmen. Kurzzeitig schien dadurch am Dienstag der Vorsprung einer möglichen rot-grünen Koalition minimiert. Der Landeswahlleitung zufolge aber ändert sich faktisch wenig: Rot-Grün hat weiterhin eine Stimme mehr als die absolute Mehrheit im Abgeordnetenhaus.

Nach bisheriger Berechnung sollten SPD und Grüne im neuen Parlament 78 von 152 Sitzen haben, die mögliche Opposition aus CDU, Linkspartei und Piratenpartei 74. Die absolute Mehrheit läge bei 77 Sitzen.

Durch die Veränderungen in Lichtenberg würde das Abgeordnetenhaus insgesamt auf 149 Sitze schrumpfen: Rot-Grün hätte darin 76 Mandate und damit weiter eine Stimme über der besagten absoluten Mehrheit. Diese Verteilung - 76 zu 73 - würde exakt dem Stimmverhältnis entsprechen, mit dem in den vergangenen fünf Jahren die rot-rote Koalition regierte. Nimmt man die einfache Mehrheit als Maßstab, so verringert sich der Vorsprung einer rot-grünen Koalition vor der Opposition von vier auf drei Stimmen.

Geert Baasen, Leiter der Geschäftsstelle der Landeswahlleiterin, verwies aber gegenüber der taz auf laufende Überprüfungen. Der Bezirkswahlausschuss in Lichtenberg tagt erst zu Beginn nächster Woche, der Landeswahlausschuss, der ebenfalls nochmals rechnet, am 6. Oktober. Erst dann steht das amtliche Endergebnis fest.

Hintergrund der Verschiebungen ist das Wahlrecht mit seiner Mischung aus Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht. Das zuerst der SPD zugeschlagene Mandat war ein Überhangmandat: Nach dem Zweitstimmenergebnis standen der SPD im Bezirk Lichtenberg nur drei Mandate zu, Wahlkreise hatte sie aber vier gewonnen. Das fangen in solchen Fällen sogenannte Ausgleichsmandate für andere Parteien auf. Da nun ein Überhangmandat wegfällt, reduziert sich auch der Ausgleich.

Wie kompliziert das Verfahren ist, zeigt sich daran, dass im Ergebnis nicht nur SPD und Linkspartei, sondern auch die Grünen einen Sitz verlieren. Statt also durch das Direktmandat mehr Abgeordnete ins Parlament zu schicken, verkleinert sich die Fraktion der Linkspartei. Betroffener ist nach jetzigem Stand Landesgeschäftsführer Carsten Schatz. Wer bei den Grünen Opfer der Verkleinerung wird, zeigt sich erst nach der Senatsbildung, falls Abgeordnete ihr Mandat wegen eines Regierungsamts aufgeben. Die SPD wiederum muss sich neue Gedanken machen, wer künftig Parlamentspräsident werden soll: Die im Nachhinein unterlegene Seidel-Kalmutzki war bislang Vizepräsidentin und als Nachfolgerin des aus dem Amt geschiedenen Parlamentspräsidenten Walter Momper im Gespräch.

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