Neue Online-Netzwerke: Sei meiner Meinung, Amen!

Zwei neue Online-Netzwerke wecken Interesse: Amen, eine Community für Meinungen und Aussagen. Und quote.fm für Empfehlungen.

Seinen Segen hat "Amen", aber er segnet auch Jeden. Bild: Photocase / bine

BERLIN taz | Das Internet, schrieb Bov Bjerg einmal, ist an seiner dicksten Stelle sieben Argumente breit. Denn was im Internet zähle, seien nicht Diskurse, sondern Meinungen, Meinungen, Meinungen.

In dieser Hinsicht ist Amen, das neue Startup, eine Offenbarung. Hier gibt es keine störenden Argumente mehr, hier ist das Internet aufs Unwesentliche verengt: Ich finde. Und: Ich nicht. Amen, das ist die Sackgasse der Dialektik.

Das Prinzip ist einfach. Man postet eine These, zum Beispiel: "Adolf Hitler dem sein Bart ist von ganz besondrer Art". Wer damit einverstanden ist, gibt der These seinen Segen und klickt auf Amen. Wer nicht einverstanden ist, muss den Satz verbessern. Der schreibt dann: "Günter Grass dem sein u.s.w."

Amen hat auch einen anderen, ernsteren Hintergrund: Es ist eine Rankingmaschine. Mit den gesammelten Amen der Nutzer lassen sich Listen erstellen, von Aussagen, aber auch von Restaurants, Hotels, Liedern, Filmen, kurzum: von allen Sorten an Produkten und Dienstleistungen.

Restriktive Informationsstrategie

Die Empfehlungsdynamik des Netzes in eine brauchbare Form zu gießen ist keine neue Idee, aber eine, die bisher noch nicht überzeugend umgesetzt wurde. Ob Amen diese Lücke schließen kann, ist zweifelhaft: Bisher jedenfalls kaufen recht selten Kunden einen Kühlschrank, weil ein Bekannter ihn für super hält. Oder Ashton Kutcher.

A propos Ashton Kutcher: der hat das Startup mitfinanziert. Und maßgeblich dazu beigetragen, dass immerhin die Marketingstrategie von Amen voll aufgegangen ist: ein polarisierender, technikaffiner Geldgeber, der gleichzeitig als Testimonial fungiert, eine recht restriktive Informationsstrategie und ein momentan erschwerter Zugang für Nutzer, die für einen Invite anfragen und warten müssen, hat zu einiger Aufregung geführt.

Quote.fm

Zu ein bisschen weniger Aufregung hat quote.fm geführt, eine andere gerade gelaunchte Seite, der im Schatten von Amen geringere Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Auch quote.fm spielt mit der Empfehlungsdynamik, allerdings für Texte. Dort kann man ein Zitat aus einem Artikel weitergeben, den man empfehlen möchte. Es ist eine Fortentwicklung der Empfehlungsseite des Social-Bookmarking-Dienstes delicious, nur eben schön, liebevoll und anregend gemacht. Statt Texte, die man mag schlicht zu verwalten, teilt man sie.

"Das ist ein Herzensprojekt", sagt Marcel Wichmann, der zusammen mit Martin Wolf und Philipp Waldhauer die Idee umgesetzt hat: "Es gibt Texte, die man super findet und die man nicht auf Twitter oder Facebook schnell versenden will, wo es die meisten ohnehin nicht interessiert. Und andere Dienste wie tumblr oder delicious haben keinen Stream. Daher kam die Idee."

Das Konzept könnte funktionieren, schon allein weil es nicht für eine riesige Nutzergemeinde angelegt ist. Momentan befindet sich quote.fm in einer Closed-Beta-Phase, das heißt: eine kleine Anzahl von Nutzern probiert aus und gibt Anregungen und Kritik an die Entwickler weiter. "In einem Monat oder so" soll sich die Seite dann öffnen – falls nichts dazwischenkommt.

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