Kommentar Eurokrise: Merkel kann Europa nicht aufhalten

Die 22 Milliarden Euro, die die EZB für Staatsanleihen ausgegeben hat, zeigen, wie nervös die Investoren sind. Damit dieser Wahnsinn aufhört, müssen die Eurobonds her.

Die Europäische Zentralbank hat nicht gekleckert. 22 Milliarden Euro hat sie in der vergangenen Woche ausgegeben, um spanische und italienische Staatsanleihen aufzukaufen. Das ist viel Geld, aber es ist gut investiert: Die Zinsen für beide Länder sind markant gesunken, eine Pleite ist dort vorerst abgewendet.

Aber war der Preis nicht zu hoch? Vor allem in der Union und bei der FDP grummelt es. Die Abgeordneten fürchten, dass die Europäische Zentralbank (EZB) nun auf den Status einer Bad Bank zusteuert, wenn sie Staatsanleihen ins Depot nimmt, die die Investoren meiden. Die besorgten Politiker sehen schon Milliardenverluste auf die EZB zurollen, die am Ende der Steuerzahler begleichen muss.

Doch so schlimm wird es nicht kommen, denn Italien ist nicht Griechenland - auch wenn beide am Mittelmeer liegen. Griechenland ist wirklich überschuldet und wird niemals fähig sein, seine Kredite zu bedienen. Das ist bei Italien anders. Die Schulden sind zwar hoch - aber nicht neu, sondern werden bereits seit mehr als zwanzig Jahren mitgeschleppt. In dieser Zeit gab es niemals ein Problem mit der Zahlungsmoral der Italiener. Kurz: Die EZB wird ihr Geld wiedersehen.

Trotzdem ist es eine Nachricht, dass die EZB in nur einer Woche 22 Milliarden Euro aufwenden musste, um die Märkte zu beruhigen. Diese enorme Summe zeigt, wie nervös die Investoren sind. Daher ist nicht ausgeschlossen, dass die Anleger bald in eine neue irrationale Panik verfallen, die die EZB dann mit weiteren Käufen kompensieren muss.

Dieser Wahnsinn ist nur aufzuhalten, wenn sich die Euroländer durchringen, gemeinsame Staatsanleihen aufzulegen - also Eurobonds. Damit wäre es für Investoren unmöglich, gegen einzelne Länder zu spekulieren. Man müsste sich auch nicht sorgen, dass die Anleger diese Eurobonds verschmähen könnten. Denn wo sollten sie sonst hin mit ihrem Geld? Die USA oder Japan sind ja keineswegs sicherer.

Noch hofft die deutsche Regierung, sie könnte Eurobonds vermeiden - durch den Euro-Rettungsschirm, der erweiterte Kompetenzen erhält. Diese Hoffnung kann Kanzlerin Merkel begraben. Die Anleger wissen ja auch, dass der Rettungsschirm ausgebaut wird - und schieben trotzdem Panik. Damit ist der Rettungsschirm gescheitert, noch bevor er weit aufgespannt wurde. Als letzte Bastion bleibt nur die EZB - oder der Eurobond.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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