Bericht: Folter durch sexuellen Missbrauch

SRI LANKA Laut Human Rights Watch gehen politisch motivierte Vergewaltigungen von Tamilen und Tamilinnen auch nach Kriegsende weiter. Regierung weist die Vorwürfe als „fabriziert“ zurück

BERLIN taz | Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) wirft Sri Lankas Sicherheitskräften vor, auch nach dem Ende des Krieges gegen die separatistischen Tamil Tigers 2009 Vergewaltigungen und sexuellen Missbrauch gegen gefangene Tamilien einzusetzen. Damit würden diese zu Geständnisse gezwungen. Laut einem am Dienstag von HRW vorgelegten Bericht würden Militärs, Polizei, Paramilitärs und Geheimdienst gefangene tamilische Männer, Frauen und Jugendliche sexuell foltern, bis sie eine Mitgliedschaft in der Rebellenorganisation LTTE (Liberation Tigers of Tamil Eelam, kurz: Tamil Tigers) gestehen. Danach würde der sexuelle Missbrauch meist aufhören.

HRW befragte für den Bericht 75 ehemalige gefangene Tamilen – 31 Männer, 41 Frauen und drei Jungen. Diese waren zwischen 2006 und 2012 sexuell gefoltert sowie geschlagen, kopfüber aufgehängt oder mit Zigaretten verbrannt worden. Später konnten sie nach Australien, Großbritannien, Indien, Malaysia oder Indonesien fliehen. Dort wurden sie von HRW interviewt.

In Sri Lanka selbst darf HRW nicht recherchieren. Deshalb geht sie davon aus, nur einen Bruchteil der Fälle erfahren zu haben. Bis heute seien diese weder offiziell untersucht worden noch wurde je ein Verantwortlicher belangt. Sri Lankas Regierung wies den Bericht zurück. Ein Militärsprecher sprach von „fabrizierten Vorwürfen“ und „kreativer Schreiberei“.

In der Endphase des Krieges im Frühjahr 2009 wurden mehrere zehntausend Menschen, meist Tamilen, getötet. Die Regierungstruppen hatten die LTTE zusammen mit Zivilisten in einem schmalen Küstenstreifen eingekesselt und gingen rücksichtslos gegen diese vor. Die Rebellen ihrerseits töteten Zivilisten, die fliehen wollten, oder nahmen sie als menschliche Schutzschilde.

Seit dem Sieg der Regierungstruppen im Mai 2009 lässt Sri Lanka keine internationale Untersuchung zu, wofür es wiederholt kritisiert wurde. Eine Versöhnung blieb aus. Diese Woche ist die Lage in Sri Lanka auch Thema im UN-Menschenrechtsrat in Genf. SVEN HANSEN