DOKTORWÜRDE: Plagiatsverdacht nun offiziell

In Potsdam prüft die "Kommission zur Untersuchung wissenschaftlichen Fehlverhaltens" die Vorwürfe gegen Niedersachsens Kultusminister Althusmann.

Althusmann wehrt sich: Ihm seien möglicherweise hier und da Seitenzahlen verrutscht. Bild: dpa

HANNOVER taz | Ein offizielles Plagiatsverfahren hat die Uni Potsdam am Mittwoch gegen Niedersachsens Kultusminister Bernd Althusmann (CDU) eingeleitet. Bei einer Vorprüfung seien die Vorwürfe gegen Althusmanns Doktorarbeit "nicht hinreichend ausgeräumt" worden, teilte die Uni mit. Nun werde die "Kommission zur Untersuchung wissenschaftlichen Fehlverhaltens" eingeschaltet.

Althusmann selbst betonte am Mittwoch, er sehe trotz des Verfahrens "keine neue Sachlage". Vor drei Wochen hatte die Zeit ein eigens in Auftrag gegebenes Gutachten über Althusmanns Promotion veröffentlicht: Der soll demnach fremde gedankliche Leistungen "auf versteckte Weise" als eigene ausgegeben haben. Fast die Hälfte der 344 untersuchten Fußnoten wird als wissenschaftlich nicht korrekt beanstandet. Selbst seinen Doktorvater hat der derzeitige Präsident der Kultusministerkonferenz (KMK) falsch zitiert.

Nach dem Bekanntwerden hatte Althusmann "mögliche handwerkliche Fehler" eingeräumt. Mit einer Stellungnahme bei der Uni hatte er versucht, die Vorwürfe zu entkräften - überzeugt hat die offenkundig nicht. Bewusste Täuschungen wies er dennoch "entschieden zurück". Er spricht von Seitenzahlen, die "hier und da verrutscht sein können", weil er die Arbeit vor der Abgabe 2007 mehrfach überarbeiten musste.

Parallelen zu Plagiatsfällen wie dem von Ex-Bundesverteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg (CSU) sieht Althusmann nicht. Urheberrechtsverletzungen würden ihm nicht vorgeworfen, sagte er. Insgesamt habe er sich "zumindest" an die an seiner Potsdamer Fakultät gültigen Zitierstandards gehalten - auch wenn sich die von Uni zu Uni unterscheiden könnten.

Er äußerte vielmehr den "leisen, vorsichtigen Verdacht, dass es sich hier um das bewusste Herausgreifen einer Person des öffentlichen Lebens handelt." Mehrfach sprach Althusmann von einem "nicht geringen öffentlichen Druck", betonte, die Vorwürfe kämen von anonymer Seite, weil die Zeit die Namen ihrer Gutachter nicht veröffentlicht.

Um Ruhe bemüht

Die niedersächsische Opposition überzeugt das nicht: Althusmanns "Verharmlosungsstrategie" gehe nicht auf, sagte die SPD-Bildungspolitikerin Frauke Heiligenstadt. Der Minister sei "bis auf die Knochen blamiert." Auf Bundesebene fordert die Vorsitzende des Bundestagsbildungsausschusses, Ulla Burchardt (SPD), Althusmann solle den KMK-Vorsitz bis zum Ergebnis der Prüfung ruhen lassen. Dem schließt sich die Linksfraktion in Hannover an, während die Landtagsgrünen wollen, dass Ministerpräsident David McAllister (CDU) "umgehend deutlich macht, wie er mit diesem Problem umgehen will."

Der hält an seinem Minister weiterhin fest. Man warte das Ergebnis des offiziellen Plagiatsverfahrens "gelassen" ab, sagte sein Sprecher auf taz-Nachfrage. Und auch bei den schwarz-gelben Regierungsfraktionen bemüht man sich um Ruhe: Als "offensichtlich haltlos" hatte CDU-Fraktionschef Björn Thümler die Vorwürfe nach ihrem Bekanntwerden noch bezeichnet. Nun heißt es, die weitere Prüfung sei ein "ganz normaler Vorgang." Die FDP verkündete derweil, Althusmann verstehe sein Handwerk als Minister - "und darauf kommt es an."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.