Terror im Netz: Aus für deutsche Dschihad-Seiten

Lange haben die Behörden zugesehen, jetzt werden die Betreiber zweier Dschihad-Seiten festgenommen. Auch der Frankfurter Attentäter soll sich dort Videos angeschaut haben.

Dschihadisten machen vermehrt Propaganda im Netz. Bild: screenshot/facebook

BERLIN taz | Vorgestern gab es noch mal neues Material für die Brüder und Schwestern im Kampf gegen die Ungläubigen. Da stellten die Macher des deutschen Dschihad-Blogs „Islambrüderschaft“ die neueste Ausgabe der Al-Qaida-nahen Terrorpostille „Inspire“ auf ihre Seite. Auf der rechten Seite des Blogs prangte ein Logo mit einem durchgestrichenen David-Stern: „Jews, rot in hell.“ Juden, schmort in der Hölle.

Ein Jahr war die Hetz-Seite online, jetzt hat die Polizei den mutmaßlichen Betreiber von islambruederschaft.com im Raum Kassel festgenommen.

Seit Donnerstag sitzt der 21-Jährige Omid H. in Untersuchungshaft. Nach Informationen der taz war er der Hauptautor der inzwischen nicht mehr zu erreichenden Seite und soll dort Videos und Texte unter dem Pseudonym „Mustafa al-Farsi“ gepostet haben. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe hält Omid H. für dringend verdächtig, seit Juli 2010 in mehr als 20 Fällen um Mitglieder oder Unterstützer für Al-Qaida und andere ausländische Terrorgruppen geworben zu haben.

In Nordrhein-Westfalen ließ sie außerdem noch die Wohnungen zweier weiterer Beschuldigter durchsuchen, die aber offenbar eine untergeordnete Rolle spielen. Zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit haben die Sicherheitsbehörden somit einen mutmaßlichen Macher einer deutschen Dschihad-Propaganda-Seite hochgenommen.

Auch in sozialen Netzwerken unterwegs

Erst Ende Juni war in Schleswig-Holstein der 19-Jährige Harry M. festgenommen worden, der sich selbst „Isa al-Khattab“ nannte. Ohne ein großes Geheimnis daraus zu machen hatte er von Neumünster aus die Internetseite „Islamic Hacker Union“ betrieben – und postete dort unter anderem Sprengstoffbastelanleitungen. Den Medien gab er freimütig Interviews, sogar Fotos und seine Handynummer stellte er ins Netz.

Ganz so unvorsichtig waren die Macher von „Islambrüderschaft“ nicht, trotzdem sind sie jetzt aufgeflogen. Auf ihrem Blog wurden neben Al-Qaida-Propaganda vor allem Botschaften und Videos der im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet agierenden „Islamischen Bewegung Usbekistan“ (IBU) veröffentlicht. Als Sprecher treten darin immer wieder die beiden Bonner Brüder Yassin und Mounir Chouka auf, die manchen in der deutschen Dschihad-Szene als Vorbilder gelten.

Auch auf dem sozialen Netzwerk facebook war die „Islambrüderschaft“ unterwegs – noch vergangene Woche wurden dort Freiwillige zum Übersetzen gesucht. Anders als die Blog-Seite war der facebook-Account am Freitag zunächst noch online.

Dass die deutschen Behörden nach langem Zusehen nun offensiv gegen Dschihad-Seiten vorgehen, könnte auch mit dem Attentat am Frankfurter Flughafen am 2. März dieses Jahres zusammenhängen. Der 21-Jährige Arid U., der inzwischen angeklagt ist zwei US-Soldaten ermordet zu haben, war stark beeinflusst von dschihadistischer Propaganda aus dem Internet. Dutzende solcher Dateien sollen sich auf seinen Rechnern und seinem iPod befunden haben.

Nach Informationen der taz haben die Ermittler herausgefunden, dass Arid U. sich Ende Januar auch von der Seite islambruederschaft.com ein Video der IBU heruntergeladen hat, in dem Kämpfer die abgetrennten Köpfe von Soldaten in die Kamera halten. Der Titel: „Frohe Botschaft aus Pakistan“. Noch auf dem Weg zum Attentat soll sich Arid U. ein Lied des Bonner IBU-Aktivisten Mounir Chouka auf seinem iPod angehört haben. Der Text: „Mutter bleibe standhaft, dein Sohn ist im Dschihad.“

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