Innenminister redet nicht mit Gewerkschafts-Chef: Eiszeit zwischen Polizei und Dienstherrn

Wegen "Irritationen aus der Vergangenheit" verweigert Niedersachsens Innenminister Schünemann (CDU) Gespräche mit dem Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Der ist politisch nicht auf seiner Linie.

Hält sich von manchen Polizisten lieber fern: Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (links). Bild: dpa

HANNOVER taz | Der Ton zwischen Niedersachsens Polizeigewerkschaften wird rauer: Vor "neuen Allianzen" warnt der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) - weil sich der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Dietmar Schilff, mit der Linksfraktion getroffen hat. Die stelle die Polizei "nicht selten in die Nähe von Faschisten", behauptet der BDK in einer Pressemitteilung. Dass Schilff mit der Linksfraktion spricht, habe man "mit Erschaudern" zur Kenntnis genommen.

Für Schilff selbst sind die Vorwürfe "außerhalb jeder Diskussion". Seit seinem Amtsantritt im Januar hat er sich mit Innenpolitikern aller Landtags-Fraktionen getroffen. Darunter auch Pia Zimmermann von der Linken. "Wir führen selbstverständlich Gespräche mit allen Parteien, die Verantwortung in den Parlamenten tragen", sagt er. "Einzige Ausnahme sind rechtsextreme Parteien."

Schon Schilffs Vorgänger hatte sich mit der Linksfraktion getroffen. Damals hat sich der BDK daran nicht gestoßen. Warum man nach dem jüngsten Treffen plötzlich "Vorsicht geboten" sieht, wollte der BDK der taz nicht erklären. Zu einer Stellungnahme war man dort trotz mehrfacher Anfrage nicht in der Lage.

Niedersächsische Polizisten sind in drei Gewerkschaften organisiert:

Die Gewerkschaft der Polizei hat 14.000 Mitglieder in Niedersachsen. Sie gehört zum Deutschen Gewerkschaftsbund.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft hat 7.000 Mitglieder und ist Teil des Deutschen Beamtenbunds.

Der Bund der Kriminalbeamten hat 800 Mitglieder. Die müssen bei der Kripo arbeiten.

Personalräte sind Mitarbeitervertreter im öffentlichen Dienst. Sie dürfen keine tarif- oder beamtenrechtlichen Verhandlungen führen und sind an die Friedenspflicht gebunden.

Politisch gilt die GdP als liberal, DPolG und BDK als konservativ.

Zeitlich fällt die BDK-Kritik mitten hinein in Streitigkeiten, die seit Monaten rund um Niedersachsens Polizeigewerkschaften schwelen. Denn dicke Luft herrscht auch zwischen Innenminister Uwe Schünemann (CDU) und der GdP. Seit Schilffs Wahl vor einem halben Jahr verweigert der dem gesamten GdP-Landesvorstand das Gespräch. Stattdessen spricht Schünemann lieber mit den wesentlich kleineren Konkurrenz-Verbänden, der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) und dem BDK.

Für Schünemann dürfte das bequem sein: Die beiden kleinen Gewerkschaften sind politisch weitgehend auf seiner Linie. DPolG-Landeschef Thomas Kliewer etwa ist ebenfalls CDU-Mitglied. GdP-Chef Schilff hingegen ist bei der Landtagswahl 2008 für die SPD angetreten und will sich bei der Kommunalwahl im September in Braunschweigs Stadtrat wählen lassen. Inhaltlich kommen Schilff und Schünemann selten überein.

Ganz anders ist das beim BDK, sei es beim Thema Vorratsdatenspeicherung oder aktuell der Linken-Schelte. Die BDK-Forderung "keine Freiheit für Feinde der Freiheit durch Beschützer der Freiheit" könnte auch vom Innenminister stammen. Der lässt die Linkspartei in Niedersachsen nach wie vor vom Verfassungsschutz überwachen. Bei "namhaften Teilen der Partei" vermutet er "linksextremistische Bestrebungen".

Die Gründe für seine Gesprächsverweigerung lässt Schünemann offen. Sie hätte mit der Person Schilff zu tun, sagte er jüngst dem NDR, und verwies auf "Irritationen in der Vergangenheit". Zu weiteren Details wolle man sich nicht äußern, erklärt Schünemanns Sprecherin auf taz-Nachfrage.

Die Eiszeit zwischen dem GdP-Chef und dem Dienstherrn sei ohnehin "überhaupt kein Problem": "Der Minister ist im Bilde über Probleme der Basis", sagt die Sprecherin. Schünemann habe in den vergangenen Monaten alle Polizeiinspektionen Niedersachsens bereist und mit den Personalräten vor Ort gesprochen - darunter auch einfache GdP-Mitglieder. Beim Hauptpersonalrat der Polizei sieht man das weniger entspannt: Man begrüße zwar, dass Schünemann die Polizeiinspektionen besuche, heißt es dort. Die Gespräche vor Ort seien aber nur "ein zeitliches Schlaglicht". Um kontinuierlich wissen zu können, welche Belange es bei der Polizei gibt, müsse er auch die GdP zu Rate ziehen, die in Niedersachsen 14.000 PolizistInnen vertritt.

Nebulös bleiben Schünemanns Gründe auch für Schilff. "Ich kenne keine Ursache", sagt er. Mehrfach habe er seinen Dienstherrn angeschrieben - ohne Antwort. Zwischenzeitlich hat Schilff nicht nur den GdP-Bundesverband und den Deutschen Gewerkschaftsbund informiert. Er hat sich auch an Ministerpräsident David McAllister (CDU) gewandt - der allerdings verweist zurück ans Innenministerium. "Schünemanns Verhalten ist einmalig in der Bundesrepublik", sagt Schilff, "überall schüttelt man darüber den Kopf."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.