Noch mehr fossile Energie: "Deutliche Überkapazitäten"

Das neue Gaskraftwerk der SWB wäre ein Fortschritt, wenn Kohlekraftwerke dafür stillgelegt würden, sagt BUND-Vorstand Klaus Prietzel. Doch das ist nicht in Sicht

Über die Hälfte der eingesetzten Energie können Gas- und Dampfkraftwerke - wie hier im bayerischen Irsching - in Strom umwandeln. Klimaschädlich sind sie trotzdem. Bild: dpa

taz: Herr Prietzel, seit gestern steht die Finanzierung des geplanten, 440 Millionen Euro teuren Gas- und Dampfkraftwerks der SWB in Mittelsbüren, 2013 soll es in Betrieb gehen. Das Unternehmen preist seinen besonders hohen Wirkungsgrad als Beitrag zum Klimaschutz. Zu Recht?

Klaus Prietzel: Gaskraftwerke sind die umweltverträglichsten Stromerzeuger im Bereich der fossilen Energie. Doch trotz des hohen Wirkungsgrades hat es eine negative CO2-Bilanz. Es wird mit nicht erneuerbaren Ressourcen betrieben und belastet netto das Klima.

Wäre es besser, das Kraftwerk nicht zu bauen?

Nein. Es ist besser als die drei Kohlekraftwerke, die die SWB in Bremen bertreibt. Die wandeln nur rund 40 Prozent der Energie in Strom um. Das neue Gaskraftwerk schafft 58 Prozent. Wir fordern, dass die SWB für das Gaskraftwerk ein Kohlekraftwerk abschaltet - dann würden tatsächlich netto Emissionen eingespart.

Sie wollen, dass das Kohlekraftwerk im Hafen stillgelegt wird.

Ja. Das hat ungefähr die Kapazität des neuen Gaskraftwerks. Die SWB drückt sich aber um diese Frage. Sie hat keinen Kohleausstiegsplan vorgelegt. Das neue Kraftwerk ist für sie teilweise der Ersatz für das Kohlekraftwerk, dass sie 2007 bauen wollte - aber aus Kostengründen und wegen der Proteste nie errichtet hat. Dabei hat sich das Unternehmen verpflichtet, bis 2020 ein Fünftel weniger CO2 auszustoßen. Das funktioniert natürlich nur, wenn mindestens zwei der laufenden Kohleblöcke stillgelegt werden. Erschwerend kommt hinzu, dass die SWB aus technischen und wirtschaftlichen Gründen erstmal nicht vorhat, die Abwärme des Gaskraftwerks als Fernwärme zum Heizen zu verkaufen. Dies würde die Klimabilanz deutlich verbessern.

Was soll denn mit dem ganzen zusätzlichen Strom geschehen? Wird entfallender Atomstrom ersetzt?

Die Energie aus dem Gaskraftwerk Mittelsbüren ist zu einem großen Teil für die Deutsche Bahn gedacht. Zum andern sollen so Kapazitäten vorgehalten werden, um Versorgungsengpässe aufzufangen, die beim Ausbau der Windenergie entstehen können. Wenn der Wind mal nicht so stark weht, kann ein Gaskraftwerk schnell angestellt werden, um zuzuliefern. Insofern könnte das schon Teil einer Übergangslösung sein, wie wir sie uns vorstellen.

Das heißt, das Kraftwerk ist vor allem als Reserve gedacht?

Es soll zumindest nicht immer auf Volllast laufen. Auch so ist die erzeugte Energiemenge aber immer noch sehr groß.

Nämlich?

Potenziell kann das Kraftwerk 450 Megawatt erzeugen - halb so viel wie ein altes Atomkraftwerk. Tatsächlich wird es wohl etwa eine Milliarde Kilowattstunden im Jahr erzeugen. Das wäre immer noch genug für alle Bremer Haushalte.

Bremen exportiert also künftig noch mehr Strom?

Ja, wenn keine Kohleblöcke abgestellt werden, werden die schon existierenden Überkapazitäten noch weiter ausgebaut. Dies geschieht auf Basis fossiler Energieträger. Das kann nicht das Ziel sein.

Klaus Prietzel,55, ist Biologe und Energieexperte des BUND in Bremen.
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