Es fehlen Dorfärzte: Mangelerscheinungen in der Provinz

Eine große Reform soll dafür sorgen, dass sich mehr ÄrztInnen auf dem Land niederlassen. Das wird nicht funktionieren, kritisiert die Verbraucherzentrale.

In einigen ländlichen Gegenden ist der Ärztemangel dramatisch. Bild: AP

BERLIN taz | Deutschland ist mit Ärzten bestens versorgt - rein rechnerisch zumindest: Auf 1.000 Einwohner kommen 3,5 ÄrztInnen. Das gilt sogar als Überversorgung. Trotzdem haben viele Patienten Probleme, in ihrer Nähe einen Facharzt zu finden, vor allem auf dem Land. Das wollte Ex-Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) mit einer großen Reform eigentlich neu regeln. Hauptziel sei es, so Rösler im April, über finanzielle und organisatorische Anreize eine ausreichende Versorgung auch in Regionen sicherzustellen, die heute unter Ärztemangel leiden.

Doch davon kann keine Rede sein, sagt die Verbraucherzentrale. Sie hat den Referentenentwurf für das neue Versorgungsgesetz nun unter die Lupe genommen und kann kaum Vorteile für die Patienten ausmachen. Der Entwurf von Röslers Nachfolger Daniel Bahr (FDP) sieht vor, dass 48 Millionen Euro pro Jahr bereitgestellt werden, um ÄrztInnen Anreize zu geben, sich in unterversorgten Gegenden niederzulassen. Damit sollen unter anderem der Umzug und die Einrichtung von Praxen unterstützt werden.

Wie viel Geld das im Einzelfall sein wird, ist unklar. Das dürfen die Kassenärztlichen Vereinigungen in den einzelnen Bundesländern selbst bestimmen. Ilona Köster-Steinebach, Gesundheitsexpertin beim Bundesverband der Verbraucherzentralen, ist davon überzeugt, dass dies nicht ausreichen wird, um tatsächlich zusätzliche Ärzte auf das Land zu locken. "Die Anreize sind zu gering; 48 Millionen Euro sind im Gesundheitssektor wenig Geld", sagte sie der taz.

Auch die gesetzlichen Krankenkassen halten den Entwurf für untauglich, um mehr ÄrztInnen aufs Land zu locken. Nach einer Studie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung wären Ärzte nur dann bereit, aufs Land zu ziehen, wenn sie einen kräftigen Gehaltszuschuss bekommen würden - rund 8.000 Euro, so viel haben sie im Schnitt angegeben.

Ein weiterer Grund, der dagegen spricht, dass sich durch die Reform mehr Ärzte auf dem Land niederlassen: Nach wie vor gibt es Sonderregeln, die es zulassen, dass Ärzte dort ihre Praxis eröffnen, wo es schon mehr als genug gibt. Köster-Steinebach fordert die Verschärfung dieser Regeln. Zugleich sollten frei werdende Sitze in überversorgten Regionen nicht neu besetzt werden.

"Das Thema ärztliche Versorgung wird von der Bundesregierung in keiner Weise nachhaltig angegangen", sagt die Gesundheitsexpertin. Sie ist überzeugt, dass die Regierung keine Beschlüsse fassen will, die bei den ÄrztInnen schlecht ankommen. Das Gesetz soll Anfang 2012 in Kraft treten und wird die Patienten laut Entwurf rund 122 Millionen Euro kosten. Die Verbraucherzentrale geht von deutlich höheren Kosten aus.

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